Der Konflikt dauert an, Hofstreik und Gefängnisessenstreik. Am 22. Oktober wurde ich zum ersten Mal vom DAP1 ermächtigt, auf die x-te Bitte meiner Familie, die das immer tut, einen Videoanruf nur mit meinen Eltern und sonst nichts zu führen, sonst hätten sie das Video im 41bis-Stil blockiert.
Ich möchte nicht zu viel wetten, aber ich denke, dass der Druck, der durch diese Entschlossenheit mit der Solidaritätsstreikkampagne erreicht wurde, für ein solches Zugeständnis etwas bewirkt hat, so wie mich die Gitterkratie2 nach einer Woche in einen anderen fast leeren Isolationsabschnitt versetzt hat (die beiden Anwesenden schlafen 18 Stunden am Tag… ein bisschen Totenstille war nötig…). Sie geben mir die beste Zelle mit Fliesen auf dem Boden und sogar an den Wänden des Badezimmers, ein Luxus, wo endlich kein Wasser ausläuft, und für den Moment, wo man alles zusammenzählt, haben wir eine kleine Verbesserung erreicht, nämlich eine bessere Bewohnbarkeit in der Zelle und einige Videoanrufe machen zu können. Aktualisierungen werden später folgen, und ich füge einen Text von mir über das Gefängnis hinzu, den ich vor drei Jahren geschrieben und nie veröffentlicht hatte, als Beitrag zur Solidarität, da ich es nicht schaffe, einen so zu schreiben, wie es über diese Solidaritätskampagne sein sollte.
Lang leben die, die kämpfen.
Davide Delogu
3. November 2020
Hier ist der Beitrag:
GEGEN DAS GEFÄNGNIS VON AUGUSTA PRISON (SR)
Trotz meiner Situation als Gefangener mit kompletter Überwachung habe ich Aktualisierungen zu einigen Gefängnisgeschichten; ich möchte auch einige Punkte ansprechen, die auf die Art und Weise zurückgehen, wie sich ein Anarchist verhalten kann, oder vielmehr darauf, wie ich (als Anarchist, nicht unterwürfig, aus direkter Erfahrung) bestimmten Situationen der Gefängniserfahrung begegne, da jeder anarchistische Gefangene sich so verhält und reagiert, wie er oder sie es am besten findet (ich werde sicherlich nicht derjenige sein, der „Lektionen“ erteilen will, um zu sehen wer am rebellischsten ist. Den Anarchomaßband überlass ich den Pseudointellektuellen/Revolutionären und Karrieristen).
Aktualisierungen: Vor 10 Tagen wurde im Gefängnis von Augusta ein marokkanischer Häftling verprügelt. Ali, so heißt er, befand sich bereits in Einzelhaft, weil er sich mit zwei anderen Arabern in einen Messerkampf verwickelt hatte. Nach einigen Tagen besuchte ihn seine Familie, und die Mutter erinnerte die Wache daran, dass sie zwei Stunden Besuchszeit reserviert hatten, aber der Gefängniswärter bestand darauf, nur eine zu haben. Die Mutter fing an, sich darüber zu beschweren, und als Reaktion darauf wurde sie vom Gefängniswärter mit großer Wucht geschubst, so stark, dass sie auf dem Stuhl sitzend hinfiel, direkt vor dem Sohn, der in diesem Moment eintraf, der er sich nicht zweimal überlegte, bevor er ihm ins Gesicht schlug. Ein Dutzend Wachen packten ihn sofort zur Prügelstrafe. Ali wurde später (wie immer) des Angriffs auf den Folterer angeklagt, aber beim Prozess brachte er zum Vorschein, was wirklich geschah… wo er nicht allein gelassen werden sollte. Wir wissen sehr wohl, dass die Wachen ihre Stärke und Straflosigkeit ausnutzen, um die Schwächsten, die Isoliertesten, vor allem Ausländer, zu misshandeln. Die andere Aktualisierung bezieht sich auf eine kollektive Rebellion vor einigen Tagen im Gefängnis von Salerno. Der Grund dafür war, dass ein 22-jähriger Mithäftling aus Gründen der „Ordnung und Sicherheit“ aus dem Jugendgefängnis in das Gefängnis für Erwachsene in Salerno verlegt wurde, wodurch die Tatsache, dass er dort bleiben konnte, bis er 25 Jahre alt war, aufgehoben wurde. Er wurde jedoch nicht zu seinen Traktskollegen gestellt, sondern im Transit im „Geschützten“ als ein Angriff auf seine eigene Würde. Dann hat ein kompakter Abschnitt die Wachen herausgeschleudert, die in zwei anderen Abschnitten hinabstiegen und auch dort den Wachen in den Arsch getreten. Drei weitere Trakte wurden dann unter Androhung, bis sie ihn nicht zur Abreise gezwungen hätten, zu seiner Partnerin gebracht. Die Abschnitte wurden vom Nachmittag bis zum nächsten Morgen eingenommen, bis beschlossen wurde, seinen Partner zu entlassen.
Ein „Dialog“, der dennoch gedient hat, obwohl in den folgenden Tagen alle in die unterschiedlichsten Regionen des Staates verstreut wurden, darunter auch eine in dem Trakt, in dem ich mich befinde.
Andererseits bezieht sich eine unveröffentlichte Nachricht über den „Fall Cucchi“3 auf den Moment, als er sich in dem Trakt befand, wo er ständig nach Schmerzmitteln fragte, da die Carabineros ihn zusammengeschlagen hatten. Der Chef der Dienststelle, der sich bereits über den Zeitplan des Dieners, auf den er gesetzt worden war, ärgerte ihn, daher öffnete er die Zelle von Stefano Cucchi, der nun zusammengebrochen vor sich hin lag, trat ein und verpasste ihm den „coup de grâce“, vermöbelte ihn mit Schlägen und tötete ihn in letzter Konsequenz entgültig. Alle in diesem Abschnitt anwesenden Häftlinge wurden sofort verlegt, um eine Aussage zu vermeiden, aber einer von ihnen, ein Südamerikaner, erzählte den Häftlingen in dem Gefängnis, in dem er ankam (Alghero), diese Geschichte. Es schien sehr merkwürdig, dass die Gefängnisfolterer plötzlich zu „kleinen Engeln“ geworden waren…
Zu den folgenden Punkten, die ich gleich schreibe, auch wenn sie manchmal in der dritten Person aufgedrängt werden, drücke ich mich und mein Verhalten in den verschiedenen Situationen als nicht unterwürfiger Anarchist aus; ich habe nicht die Absicht, ein „Handbuch“ darüber zu schreiben, wie sich ein Anarchist verhalten sollte, denn ich bin kein „harter und reiner“ Gefangener, sondern ein Gefangener, der durch die Hölle der Gefängnisrepression auf der Grundlage seiner eigenen Erfahrung wütend reagiert hat. Dann, wenn es um etwas geht, bringen diese interessante Ideen, die man auf seine eigene Art und Weise zu Ende bringen kann.
In den Disziplinarausschüssen (oder im Exekutionsgericht), wenn beabsichtigt wird, dorthin zu gehen, ist man verpflichtet, die gegen uns erhobenen Anklagen vollständig zu lesen, so dass man feststellen kann, ob der Schließer, der den Bericht geschrieben hat, ihn „aufgeblasen“ hat, sprich, dass er einen falschen Bericht geschrieben hat; wenn das der Fall ist, lasse ich ihn, wenn ich in die Trakt zurückkehre, wie ich es immer getan habe, lass ich ihn, indem ich sie mit Beleidigungen zumülle und zusätzlich alles kaputt mache, aus dem Trakt abhauen. Für eine solche Antwort, auch wenn man in die Isolation gesteckt wird, insgesamt sechs Schließer, die sich einer Falschanzeige schuldig gemacht haben, haben aus Angst, sich selber eine „Kontaktsperre“ mit mir verhängt. Und sie sagen mir, dass dies das erste Mal ist, dass dies geschieht, sicherlich wegen den unterwürfigen Gefangenen, die sich von diesen Scheißkerlen missbrauchen lassen und ihnen die Macht dazu gegeben haben!
Die Badezimmerfenster, die den Verdorbenen in Uniform so sehr gefällt, müssen immer verdeckt werden, weil wir diejenigen sind, die unseren Raum zur Privatsphäre bestimmen. Sie werden dir das „Zugeständnis“ vorschlagen, es während der Benutzung des Badezimmers abzudecken und es freizugeben, wenn es nicht benutzt wird. Das ist nicht absolut akzeptabel. Es ist eine psychologische Gewalt, denn wenn man zehnmal am Tag auf die Toilette geht, muss man das Guckloch jedes Mal abdecken und wieder freimachen… scheiß auf die verdorbenen Wachen und, wenn es ihnen so wichtig ist, lass sie während einer Durchsuchung oder etwas anderem kommen, um die Gucklochkappe zu entfernen, so vieles wird sofort wieder aufgesetzt!
Das Gleiche gilt, wenn man sich im Badezimmer befindet, wenn sie kommen, um zu suchen oder die Gitterstäbe4 zu treffen, sollten sie es nicht wagen, die Tür des Badezimmers zu öffnen (was immer besser ist, einen Haken zu machen, um sie zu blockieren) unter Androhung von Strafe, Gegenstände und Flüssigkeiten gegen die Perversen zu werfen.
– Probleme mit dem Aufwachen während der Nachtkontrolle, weil sie keine Taschenlampen verwenden, obwohl das „weiche“ Nachtlicht fehlt. Die Flüche gegen den Wärter werden so stark und wütend sein, dass sie das ganze Gefängnis aufwecken werden. Nachdem es 4 Mal passiert ist (mit konsequenter Isolation), aus Angst vor meiner gerechten Reaktion, haben sie es nicht mehr getan. Es kommt auf den Geschmack an, aber wenn eine Wache fröhlich und lächelnd im Trakt die Runde dreht, werde ich sofort aktiv, um seine Stimmung zusammen mit seiner beschissenen Fresse zu versauen!
– Bei den Leibesvisitationen kommt die Unterhose nie runter! Sie wollen deine Integrität demütigen, überzeugt von ihrer Überlegenheit und befehligen über deinen Körper sogar in der Privatsphäre, dank all der anderen Gefangenen, die es erlauben, wenn stattdessen eine Person die Macht hat, zu entscheiden, ob sie ihre eigene Würde bewahren will. In fast 10 Jahren Gefängnis habe ich mich immer geweigert, meine Hosen fallen zu lassen. Es gab nur wenige Male, bei denen mir noch eine halbe Stunde Zeit blieb und sie versuchten, mich mit ekelhaften und ignoranten Argumenten zu überzeugen, und wenn diese übermäßige Präsenz mich zum Erbrechen brachte, dehnte ich, um es zu beenden, ein wenig die Elastizität meiner Unterhosen (nicht zu sehr, um die intimen Teile nicht zu zeigen), so dass sie sich (gewollt oder ungewollt) vergewisserten, dass ich nichts verbarg, oder ich zwang sie stattdessen, mir den Metalldetektor zu reichen.
Ganz zu schweigen davon, dass ihre beschissenen Gesetze besagen, dass es verboten ist, sich bei Durchsuchungen auszuziehen, aber sie sind in jeder Hinsicht so miserabel, dass dieser rechtliche Aspekt keine Rolle spielt, am allerwenigsten für mich!
-Ich bin der einzige im ganzen Gefängnis, der sich weigert, von den Drogenhunden, die sie manchmal mit sich führen, beschnüffeln zu lassen. Ich muss den Grund, den Namen und den Nachnamen des mutmaßlichen Anklägers erfahren, der sagt, dass sie mir gehören (A.d.Ü., Drogen), da ich nie Drogendelikte begangen habe. Da ich mich beleidigt fühle, habe ich so viel von diesem Durcheinander, Ärger und Zeitverschwendung verursacht, dass wenn die Hundeeinheit mich sieht, sie mich direkt meiden.
– Wenn es Schläge auf die Gitterstäbe gibt, sollte es nicht passieren, wenn man isst (das Gleiche gilt für die Durchsuchungen) nicht mal ihnen die Fenster aufmachen. Wir sind nicht ihre einverständlichen Marionetten!
– Die Schließer dürfen und können den Verhafteten keine Befehle erteilen, weil diese nicht ihre Untergebenen sind, wir befinden uns nicht im Militärknast und wir ziehen auch keine scheiß Uniformen an. Stellt euch vor, wenn die Autoritären auf der Seite der Antiautoritären, der Anarchist*innen, wären, die sich für den richtigen Weg entscheiden um sich gegen „Befehle“ zu rebellieren. Es sind immer wir die entscheiden was zu tun ist, auch wenn dies isoliert stattfindet, was mich angeht, habe ich die Art wie sie sich an mich wenden rausscheißen lassen. Die Schließer müssen darum bitten sich den Gefangenen mit entsprechender Freundlichkeit anzunähern. Umso besser es dann ist dass sie vor Angst schaudern, nur weil wir Anarchist*innen sind, dies ist sogar besser. Um nicht weiterhin zu stören, höre ich hier auf, auch weil ich an diesen wenigen Punkten mein standhaftes und feuerfestes Verhalten überdacht habe. Ohne Zweifel gibt es viele weitere… Gib ihnen nicht die Macht um uns so zu behandeln wie sie wollen!
Geben wir der Macht nicht die Gelegenheit uns so zu behandeln wie sie wollen! Hier wird gesagt dass die Gefangene im Knast sich befinden, dies stimmt nur bis zum gewissen Punkt was die Realität angeht!
Gegen Knäste Kampf und Bomben oder Kampfbomben! Wir dürfen nicht mit Fingerspitzengefühl voran gehen! Sie tun es auch nicht!
Für mehr territoriale Antiknastpublikationen!
Knast von Augusta
1A.d.Ü., Dipartimento dell’amministrazione penitenziaria, Abteilung der Knastverwaltung
2A.d.Ü., ein Neologismus zusammengestellt zwischen Gittern + Bürokratie
3 Dieser wurde von den Bullen fertig gemacht.
4 Sie tun dies auch um zu prüfen ob an den Gitterstäbe hantiert worden ist.