Jean-Marc Rouillan erneut vor Gericht

Nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Juni 2022 die Verurteilung Jean-Marc Rouillans wegen »Apologie (Verherrlichung) des Terrorismus« als gesetzwidrig eingestuft und die französische Justiz zu Schadenersatz verurteilt hatte, wurde er nach sieben Jahren Tauziehen im März 2023 endlich freigesprochen.

Jetzt ist die Staatsanwaltschaft aber doch noch in Berufung gegangen und es wird ein erneuter Prozess am 30. Oktober 2023 vor dem Berufungsgericht von Toulouse stattfinden.
Rouillan, in den 1980er Jahren einer der Gründer der Action Directe, war 2016 nach Einführung eines Sondergesetzes wegen »Verherrlichung des Terrorismus« verurteilt worden, weil er in einem Interview den Lapsus »mutig« benutzt hatte für desorientierte Jugendliche aus den Banlieues, die zu den Attentätern von Paris gehörten.

Die Staatsanwaltschaft weigert sich in diesem Prozess, die Entscheidung des europäischen
Gerichts zu berücksichtigen und will dagegen beweisen, dass eine Disposition der Europäischen Menschenrechtskonvention dazu »missbraucht« wurde, das französische Gesetz gegen die »Verherrlichung des Terrorismus« falsch zu interpretieren. Das europäische Gericht hatte beanstandet, dass das französische Gesetz keinen Unterschied vorsieht zwischen einer »direkten« und einer »indirekten« Verherrlichung und hatte angeregt, das Gesetz entsprechend zu ändern.

Dazu ist die französische Justiz aber nicht bereit. Mit dem Prozess gegen Jean-Marc Rouillan versucht sie jetzt erst einmal, einen Präzedenzfall zu schaffen, damit zum Beispiel auch Demonstranten, die ihre Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand bekunden, wegen »Verherrlichung des Terrorismus« verurteilt werden können.