grup yorum.1jpg

Kurdische Musiker unter Terrorismusverdacht

Bundesinnenministerium hält Auftrittsverbote für linke Grup Yorum für angemessen

Anfang Juni war der türkisch-kurdischen Band Grup Yorum eine besondere Ehre zuteil geworden: Die Innenminister von Bund und Ländern widmeten ihr auf ihrer Konferenz in Quedlinburg einen eigenen Tagesordnungspunkt.

Dessen Titel: »Ausländerextremismus – Grup Yorum als Bestandteil der DHKP-C – Prüfung eines Verbots des Auftretens (…)«. Seit Jahren ist die 1985 gegründete Formation, die mit mehr als 40 Musikern, aber auch in kleinerer Besetzung, in der Türkei wie auch in Deutschland häufig vor Tausenden Menschen aufgetreten ist, im Visier auch deutscher Geheimdienste. Die DHKP-C (»Revolutionäre Volksbefreiungspartei – Front«) ist in der Bundesrepublik als »ausländische terroristische Vereinigung« verboten. Grup Yorum wird von den deutschen Behörden als Teil dieser Partei betrachtet.

Auf eine Anfrage der Fraktion von Die Linke im Bundestag äußerte das Innenministerium jetzt Zustimmung zu von verschiedenen Bundesländern verhängten Auftrittsverboten und Auflagen gegen die Band, die in der Türkei die populärste linke Musikformation ist. Zuletzt hatte die Polizei im Mai versucht, einen Auftritt in Südthüringen im Rahmen eines Musikfestivals zu verhindern (siehe jW vom 19.5.). Doch das Verwaltungsgericht Meiningen erklärte dies für nicht gerechtfertigt.

Als Beleg für die faktische Einheit der Band und der der DHKP-C führt das Innen- und Heimatministerium von Horst Seehofer (CSU) seitenlang Artikel aus der Zeitschrift Yürüyüs, vom Ministerium als »Publikationsorgan« der Partei bezeichnet, an. Inhalt und Diktion eines Beitrags ließen erkennen, dass die Band »vollkommen« mit der Partei »verschmilzt« und sich als »Teil des revolutionären Kampfes versteht«. Weiter wird in der der jW vorliegenden Regierungsantwort aus einem Yürüyüs-Text zitiert, in dem es heißt, die Band kämpfe »für die Realisierung der Demokratie und des Sozialismus«. Der Einsatz von angeblich aus dem »DHKP-C-Umfeld« kommenden Jugendlichen als Ordner bei Konzerten wird vom Innenministerium ebenso als Beweis für die Nähe zu der Organisation gesehen wie ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart gegen DHKP-C-Funktionäre, in dem diese Nähe behauptet wird.

Die Linke-Abgeordnete Ulla Jelpke kommentierte, es sei »bezeichnend«, dass die Regierung, sobald sie die Begriffe »Revolution« oder »Antiimperialismus« lese, »sofort Terror versteht«. Das Innenministerium bleibe jeden Nachweis für die Einheit von DHKP-C und Grup Yorum schuldig, sagte sie am Mittwoch gegenüber jW.
Von Friederike John, junge Welt 19.7.18