Am 1. Juli waren zunächst einige Hundert Gefangene im berüchtigten Pelican Bay Prison in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Ihre Kernforderungen waren ein Ende der Jahrzehnte langen Anwendung von Isolationshaft, die Abschaffung von Gruppenbestrafung sowie Zugang zu Bildung, Kommunikation mit der Außenwelt sowie elementare Gesundheitsversorgung. Die Gefangenen erklärten von vornherein, dass sie notfalls ihr Leben für die Erfüllung dieser Forderungen einsetzen würden.
Innerhalb weniger Tage schlossen sich in insgesamt 13 anderen kalifornischen Gefängnissen über 6600 Gefangene an. Die Kalifornische Gefängnisbehörde (im Original „California Department of Corrections and Rehabilitation“ – CDCR) signalisierte nach ca. drei Wochen Gesprächsbereitschaft, da sehr viele Gefangene bereits todkrank waren. Die extreme Sommerhitze hatte bei vielen der Hungerstreikenden zu starker Dehydrierung und Nierenbeschwerden geführt.
Am 20. Juli kam es zu Verhandlungen zwischen dem Vorsitzenden und Vize-Vorsitzenden der CDRC, Matthew Cate und Scott Kernan auf der einen und Delegierten der Gefangenen auf der anderen Seite. Es wurde vereinbart, der Behörde drei Wochen Zeit zu geben, mit der Umsetzung der Forderungen der Hungerstreikenden zu beginnen. Als Zeichen der eigenen Bereitschaft unterbrachen die Gefangenen darauf hin den Hungerstreik.
Die CDRC verkündete zunächst, der Hungerstreik sei für die Zusage nach Fortbildungsmöglichkeiten und die Ausgabe von Wollmützen gegen die Kälte im Winter beendet worden. Das entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Wie aus einem Brief vom 8. August des in Pelican Bay inhaftierten Mutope Duguma (1) hervor geht, warten die Gefangenen lediglich, ob die Behörden ihren Teil der Zusagen erfüllen.
Mutope Duguma sagt: „Die beiden Idioten (der CDRC – Einschub Übersetzerin) propagieren, dass unsere Delegierten sich mit Schutzmützen, Rechtshilfe und Wandkalendern zufrieden gegeben hätten, während viele von uns aufgrund von Denunziationen für 10 bis zu 40 Jahren in Isolationshaft sitzen. Auf diesen Blödsinn sollen wir uns geeinigt haben? Sei mal realistisch.“
Aus Verantwortung für über 500 Hungerstreikende allein in Pelican Bay hätten die Delegierten zu einer Unterbrechung des Hungerstreiks aufgerufen, um zu sehen, ob die Behörden wirklich nach Lösungen suchen würden. Es gibt genügend Erfahrungen aus voran gegangenen Kämpfen. Die Gefangenen wollen wirklich ein Ende der Isolationshaft und des aufgezwungenen Spitzelsystems durchsetzen. Vielen ist klar, dass sie ohne die Durchsetzung dieser Forderungen keine realistische Möglichkeit mehr haben, der außergerichtlichen Willkür der Wärter_Innen lebend zu entkommen. Sie sind daher bereit, bis zum Tod für die Aufhebung der Isolationshaft und aller anderen Forderungen zu kämpfen. Mutope Duguma: „Das System kann uns nicht gegeneinander ausspielen. Wir werden unsere friedlichen Demonstrationen fortsetzen, um dieser Folter zu widerstehen. Der Hungerstreik ist definitiv eine gewaltfreie Aktion, welche wir fortsetzen können.“
Aus den militärischen Antworten früherer Behörden auf US Gefängnisaufstände (2) hatten bereits im Winter 2010/2011 über 4500 Gefangene in den Bundesstaaten Georgia, Alabama und Ohio nicht den offenen Aufstand sondern die Arbeitsverweigerung gewählt. Sie ließen sich über Wochen in ihren Zellen einschließen und fügten den Konzernen und Gefängnisleitungen damit über Wochen Millionenschäden zu.
In wenigen Tagen will sich das Parlament Kaliforniens in einer Gesetzgebungsanhörung mit den Zuständen in seinen Gefängnissen beschäftigen. Angehörige der Hungerstreikenden werden dort sprechen. Weit über Kalifornien hinaus wird dazu aufgerufen, für eine Ende der Isolationshaft und Masseninhaftierung auf die Straße zu gehen.
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(1) „This Hungerstrike is Far From Over“ http://de.indymedia.org/2011/08/314135.shtml
(2) z.B. der Attica Gefängnisaufstand von 1971: Gefangene rebellierten offen und nahmen Wärter als Geiseln, um Verbesserungen der Haftbedingungen durchzusetzen. Der Bundesstaat New York entschied, das Militär auf die Gefangenen loszulassen. Das kostete 39 Gefangene und Geiseln das Leben. Die allermeisten Gefangenen wurden anschließend schwer gefoltert. Weitere Informationen auf http://libcom.org/history/1971-the-attica-prison-uprising oder im Film Attica über den Aufstand und die blutige Niederschlagung http://atticathefilm.com/