(Österreich) Repression gegen anatolische Föderation

Schluss mit der Repression gegenüber der anatolischen Föderation! Unserem Vorstandsmitglied Evin Timitik muss ihre Reisefreiheit zurückgegeben werden, die ihr aufgrund der Nichterneuerung ihres Asyl-Reisepasses eingeschränkt wurde!
Die Anatolische Föderation Österreichs wurde im Jahr 2004 durch Zusammenschluss von 5 Vereinen gegründet und in das Vereinsregister eingetragen.

 Seit ihrer Gründung hat unsere Föderation Aktivitäten zum Schutz der Rechte von MigrantInnen und insbesondere von Menschen aus Anatolien durchgeführt. Sie ist im Rahmen ihrer Kräfte Rassismus, AusländerInnenfeindlichkeit, Rechtsraub, Degeneration und Assimilierung entgegengetreten und hat stets eine Haltung dazu eingenommen.
Sie versuchte insbesondere, sich den Problemen der in Österreich lebenden jugendlichen MigrantInnen und deren Familien anzunehmen und war darum bemüht Probleme wie die zermürbende Bürokratie, finanzielle Engpässe und dergleichen durch zwischenmenschliche Solidarität zu lösen. Gleichzeitig verhielt sie sich nicht gleichgültig zu den Ereignissen in der Welt und vor allem in der Türkei, schwieg nicht zu Kriegen, Besatzungen, Massakern und Ungerechtigkeit, indem sie zahlreiche demokratische Proteste dagegen organisierte. 

Politische, kulturelle und sportliche Aktivitäten wie Fußballtauurniere, Konzertveranstaltungen mit bekannten und beliebten Bands wie Grup Yorum bzw. auch in Österreich lebenden MusikerInnen, Picknicks, Diskussionsvorträge, Freizeitgestaltung mit Kindern und Familien verfolgen das Ziel, Gemeinschaft und Zusammenhalt zu fördern und eine Brücke zwischen verschiedenen Kulturen zu schaffen.

Diese völlig legalen und legitimen Aktivitäten scheinen die österreichischen Behörden zu stören, denn der Verfassungsschutzbehörde sind offenbar keinerlei Anstrengungen zu viel, um unseren Verein zu isolieren und unseren Ruf zu schädigen.
Unser Verein betreibt seit vielen Jahren einen Essensstand im Kulturverein Arena Wien. Die Einnahmen aus dem Verkauf werden vom Finanzamt geprüft und es wird ganz offiziell eine Vergnügungssteuer dafür eingehoben. Der Verfassungsschutz hat versucht, dem Vorstand der Arena einzureden, dass mit dem ohnehin geringen Einkommen illegale Aktivitäten finanziert würden und dass man uns den Stand entziehen sollte. Dabei reicht das Geld kaum dafür aus, um die Miete des Vereinslokals und sonstige Ausgaben zu bezahlen.
Für äußerst bedenklich halten wir auch den Versuch des Verfassungsschutzes, unser diesjähriges 2. Sommerfest in Neunkirchen zu verhindern, zu dem die bekannte Band Grup Yorum aus der Türkei eingeladen wurde. Wiederum versuchten dort Zivilbeamte das zuständige Gemeindeamt davon zu überzeugen, die Genehmigung für diese Veranstaltung zurückzunehmen, indem sie Grup Yorum als “illegale Gruppe” hinstellen wollten. 
Es ist ein Skandal, dass der österreichische Verfassungsschutz sich anmasst, eine oppositionelle Band in der Türkei anzuschwärzen, deren Konzerte trotz massiver Repression der AKP-Regierung von Hunderttausenden Menschen besucht werden.
Seit 7. März 2015 wird der Asylpass unseres Vorstandsmitglieds Evin Timtik nicht erneuert. Alle Anträge zur Verlängerung des Reisepasses wurden abgelehnt. Als Grund dafür wird die Lüge “Durch Ihre Reise ins Ausland gefährden Sie die innere und äußere Sicherheit des österreichischen Staates” genannt. Mit diesem unnachvollziehbaren Vorwand wird Evin Timtik seit 8 Monaten in ihrer Reisefreiheit eingeschränkt und ohne ersichtlichen Grund als “gefährliche Person” hingestellt.
Sie hat 2009 politisches Asyl beantragt, welches 2010 anerkannt wurde. In der Türkei wurde sie aufgrund ihres politischen und demokratischen Enagements gefoltert und verhaftet, ihr wurde das Recht auf Bildung entzogen und sie musste unfreiwillig ihr Land verlassen. Unser Vorstandsmitglied befindet sich seit 21. August 2015 im Kampf um ihr Recht auf einen gültigen Asylpass. Sie möchte ihren Kampf auf einen unbefristeten Hungerstreik ausweiten, falls bis 20. Oktober 2015 keine positive Antwort vom Verwaltungsgerichtshof kommen sollte, welcher den Fall derzeit prüft.

Am 13. Oktober 2015 wurde unser Verein und wurden die Wohnungen unserer Vorstandsmitglieder von bewaffneten und maskierten Einsatzkommandos der Polizei mit Hunden gestürmt, die Polizei verschaffte sich um 6:00 Uhr morgens Zutritt zu unserem Verein, indem sie die Türscheiben einschlug. Im Namen einer Durchsuchung wurde das Vereinslokal und die Wohnungen verwüstet, Computer, Telefone, Bücher, Zeitschriften, Fotos von Gefangenen und Konzertkarten wurden in einen Kleintransporter verfrachtet und beschlagnahmt. Bei dieser völlig unverhältnismäßigen und illegitimen Razzia wurden 6 unserer FreundInnen festgenommen und stundenlang unter psychischen Druck gesetzt.
Wir fragen die österreichischen Behörden: Was stört euch so sehr daran, dass wir die Interessen der Menschen gegen imperialistische Kriegspolitik, gegen den Faschismus und Rassismus auf völlig demokratische und offene Weise verteidigen? Warum habt ihr unsere legale Institution auf so brutale und diebische Weise gestürmt? Warum habt ihr Wohnungen von unseren Vorstandsmitgliedern, in Anwesenheit von 4-jährigen Kindern mit Masken, Waffen und Hunden gestürmt? Warum habt ihr unsere Vorstandsmitglieder festgenommen und versucht, sie einzuschüchtern? Warum habt ihr Evin Timtik die Reisefreiheit entzogen?

Unsere Obmann-Stellvertreterin Hatime Azak, die unter gegebenen Umständen die Aussage verweigerte, wurde ermahnt, dass es ihr “genauso ergehen würde wie Yusuf Tas”. 
Yusuf Tas wurde auf Ansuchen von Deutschland, ebenfalls ohne ersichtlichen Grund und Nachweis einer Straftat in Österreich verhaftet und an die deutschen Behörden ausgeliefert. Was hat diese Drohung zu bedeuten? Evin Timtik wurde von den VernehmungsbeamtInnen als Grund für die Festnahme genannt, dass “ein deutscher Staatsanwalt ein Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet habe”.
Wir fragen: Handelt Österreich auf Befehl von Deutschland oder der Türkei oder sonst einem Land oder trifft es unabhängig seine Entscheidungen? Diese Repressionsmaßnahmen und Versuche, unseren Verein und unsere Mitglieder zu isolieren, sind inakzeptabel und haben in einem “Rechtsstaat” nichts verloren. 

Dieser Angriff erfolgt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem der türkische Staat ohne geringsten Skrupel, unter dem Vorwand des „Kampfes gegen den Terrorismus“ gewaltsam gegen die kurdische Zivilbevölkerung und gegen die gesamte demokratische Opposition vorgeht und an dem das Land von Massakern überzogen wird. Zwar können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob der kürzliche Staatsbesuch des österreichischen Außenministers in der Türkei direkter Anlass für diesen Angriff war. Gewiss ist aber, dass die Repression gegenüber unserem Verein die Interessen des Regimes in Ankara verteidigt und dessen menschenverachtende Politik legitimiert.

Wir wehren uns dagegen, dass auf solchem Weg versucht wird, die Freiheit der Meinung und Organisierung zunichte zu machen. Alle Gegenstände, die in unserer Institution und in unseren Wohnungen beschlagnahmt wurden, müssen sofort zurückerstattet, Schäden wiedergutgemacht werden. Wir fordern die Ausstellung eines gültigen Reisepasses für Evin Timtik!
Aus Protest gegen diese repressiven Methoden und Angriffe werden die Vorstandsmitglieder der Anatolischen Föderation am 20. Oktober in den Hungerstreik treten. Gleichzeitig wird Evin Timtik ihren Kampf für einen gültigen Reisepass in einen unbefristeten Hungerstreik ausweiten. Wir rufen alle fortschrittlichen und demokratischen Kräfte dieses Landes, unsere Freundinnen und Freunde auf, uns in diesem Kampf zu unterstützen und diesen als Abwehr von weiteren freiheitseinschränkenden, demokratieabbauenden Maßnahmen zu verstehen!
Schluss mit der Repression gegenüber der Anatolischen Föderation!
Wir lassen uns durch diese Angriffe nicht einschüchtern!
Hoch die internationale Solidarität!