Redebeitrag zu Mumias 70 jährigem Geburtstag

Am 24.04.24 ist der politische Gefangene Mumia Abu-Jamal 70 Jahre alt geworden. Es gab dazu eine Fahrraddemo und eine anschließende Kundgebung vor der US Botschaft. Wir veröffentlichen hier nachträglichen unseren Redebeitrag. Mehr Infos zu der Aktion könnt ihr hier finden: https://www.das-mumia-hoerbuch.de/demonstration.htm

Liebe Genoss:innen, liebe Mitstreiter:innen, liebe Passant:innen,

ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe Berlin. Wir haben uns heute hier versammelt, nicht nur um Mumia Abu-Jamal zu seinem 70sten Geburtstag zu gratulieren, sondern vor allem um seinen lebenslangen Widerstand zu würdigen und diesen auch auch hierzulande auf die Straße zu tragen.

Von seinen 70 Jahren auf dieser Erde verbringt Mumia Abu-Jamal nun schon mehr als 42 Jahren im Knast. Seit über 42 Jahren ist Mumia mit den Schikanen, der Repression und den Lebensgefahren der Inhaftierung konfrontiert. Seit über 42 Jahren leistet er konsequent dagegen Widerstand. Durch seinen alltäglichen Kampf und seine unzähligen Veröffentlichungen ist er zu einer der wichtigsten Stimmen aus dem Knast geworden. Dabei ging es nie nur um ihn selbst. Er hat immer wieder den Rassismus und die Ausbeutung der US-amerikanischen Gefängnisindustrie angeprangert und dabei offengelegt, dass die Sklaverei in diesem System fortgeführt wird. Auf Kosten der Gesundheit und das Leben von über zwei Millionen Gefangenen in den USA, wächst das Kapital weniger Profiteur*innen weiter an.

Auch hier in Deutschland stellen Gefangene eine billige Arbeitskraft da. Gleichzeitig sind Inhaftierte den horrenden Preisen privater Anbieter*innen ausgeliefert für alltägliche Dinge, wie das telefonieren oder der Einkauf von Lebensmitteln.

Hinzu kommen unerträgliche Haftbedingungen, eine unzureichende psychosoziale Versorgung, institutioneller Rassismus und der repressive Knastalltag. Der Verlust der körperlichen und seelischen Unversehrtheit wird billigend in Kauf genommen. So war beispielsweise die Suizidrate 2022 in deutschen Gefängnissen 12 mal höher, als außerhalb der Knastmauern. Es stellt sich die Frage ob ein Mensch ein solche Entscheidung überhaupt „freiwillig“ treffen kann, wenn er so stark in die Ecke gedrängt und von seinen Liebsten abgeschottet wird. Denken wir nur an Ferhat Mayouf, welcher 2020 in seiner Zelle in der JVA Moabit durch ein Feuer erstickt ist. Sein Tod lastet auf den Schultern des Knastes und der Verantwortlichen. Und das ist kein Einzelfall.

Aber auch sonst scheren sich Gefängnisse kaum um die Gesundheit ihrer Inhaftierten, vor allem wenn diese widerständig sind. So wurden beispielsweise Anträge für medizinische Untersuchungen des seit Jahren kämpferischen Gefangenen Andreas Krebs, welcher zurzeit in der JVA Tegel einsitzt, Wochen und Monate lang ignoriert. Sein Gesundheitszustand ist schon seit einigen Jahren alarmierend, unter anderem durch eine Krebserkrankung. Doch selbst während seines Hungerstreiks, den er dieses Jahr geführt hat gegen Zensur und für die Aushändigung linker Zeitschriften und Bücher, bekam er keine medizinische Unterstützung.

Wer innerhalb des Knastes eine klare Haltung bewahren kann, oder gar dort eine entwickelt und auch nur für die kleinsten Verbesserungen kämpft erlebt Schikane und Repression.

Knast oder auch nur die bloße Androhung des Wegsperrens, ist eines der stärksten Repressionsmittel des Staates um zu versuchen, linke und emanzipatorische Bewegungen zu brechen. Die inhaftierten Genoss*innen sollen zur Aufgabe ihrer politischen Identität gezwungen werden. Die kämpferischen Gefangenen kleingehalten werden um den repressiven Anstalts“frieden“ zu wahren.

Als linke, strömungsübergreifende Antirepressionsstruktur wissen wir deshalb, wie wichtig es ist Gefangene und Genoss*innen nicht alleine zu lassen.

Mumia ist hierfür ein gutes Beispiel: Sein Kampf um Gerechtigkeit und Freiheit, sowie gegen Ausbeutung, Rassismus und Unterdrückung wurde stets von internationaler Solidarität außerhalb der Knastmauern begleitet und unterstützt.

Zusammen konnte sein Widerstand und die praktische Solidarität dafür sorgen, dass sein Todesurteil aufgehoben wurde. Aber auch kleine Erfolge sind hier zu erwähnen:Erst vor kurzem scheint sich die gesundheitliche Versorgung für Mumia Abu-Jamal im Knast nach Druck auch von Außen verbessert zu haben.

Solidarität ist unsere Waffe gegen deren Repression. Sie gibt unseren inhaftierten Genoss*innen und Gefangenen Mut, stärkt deren Widerstand und kann sie schützen. Diese Solidarität ist so vielfältig wie die linke Bewegung selbst: Sprecht über die Gefangenen, organisiert Info-Veranstaltungen, Demos und Kundgebungen, sammelt Geld für Knast-Konten und vor allem, lasst sie eure Solidarität spüren.

Wir möchten deshalb mit einem praktischen Appell an uns alle diese Rede beenden:

Schreibt den Gefangenen, sei es auch nur ein paar solidarische Zeilen auf einer Postkarte. Das kann den Menschen die sie erhalten Kraft geben und zeigt der JVA, dass wir die Inhaftierten nicht vergessen haben. Es kann nie zu viel Post geben. Schreibt Mumia,Leonhard Peltier. Schreibt an Özgül Emre, Ihsan Cibelik und Serkan Küpeli, die in deutschen Knästen sitzen. Schreibt an Andreas Krebs, Daniela Klette und Maja. Aktuelle Adressen erhalten ihr über die Website von Political Prisoners.

Lass wir die Leute nicht alleine, sondern knüpfen wir gemeinsam an den Kämpfen an für eine bessere Zukunft ohne Knäste. Freiheit und Glück für alle politischen Gefangenen und Gesuchten. Und in Gedenken an alle Toten durch Gefängnisse.

Free Mumia
Free Them All