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»Familienbesuche nur mit Trennscheibe möglich«

Zwei Jahre Untersuchungshaft: Mehmet Yesilcali soll türkische Kommunisten unterstützt haben. Gespräch mit Alexander Hoffmann
Alexander Hoffmann ist Rechtsanwalt in Kiel. Er vertritt einen Mitangeklagten von Mehmet Yesilcali im Münchner Kommunistenprozess und hat im Fall Yesilcalis die ­Pressearbeit übernommen.

Interview: Gitta Düperthal
Mehmet Yesilcali sitzt seit zwei Jahren im Zusammenhang mit dem Münchner Kommunistenprozess in Untersuchungshaft. In der Türkei war er zuvor gefoltert worden. Sie fordern jetzt, ihn wegen nicht zu verantwortender Gesundheitsgefährdung sofort aus der Haft zu entlassen. Was ist ihm in der Türkei widerfahren und weshalb ist er in München inhaftiert?
Mehmet Yesilcali wurde wegen seiner politischen Aktivitäten in der Türkei verhaftet. Dabei bezieht man sich auf seine Tätigkeiten während des Militärputsches am 12. September 1980. Er war im Widerstand gegen die Militärdiktatur. Trotz der Verletzungen, die er damals erlitten hatte, wurde er über einen langen Zeitraum im Gefängnis gefoltert. Insgesamt 15 Jahre verbrachte er in Gefangenschaft: Als er aus gesundheitlichen Gründen entlassen wurde, konnte er aus der Türkei in die Schweiz fliehen, wo er seit 2007 gelebt hat. Im März 2016 lieferte ihn die Schweiz nach Deutschland aus. Dort, in der Untersuchungshaft in München, unterliegt er verschärften Haftbedingungen. Er leidet deshalb jetzt unter einer posttraumatischen psychischen Erkrankung.
Was wird ihm vorgeworfen?
Die Bundesanwaltschaft wirft ihm und neun anderen Angeklagten vor dem Oberlandesgericht in München vor, sie hätten die TKP/ML (Kommunistische Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch, jW) durch ihre politische Tätigkeit in Deutschland unterstützt. In der Türkei ist die TKP/ML eine terroristische Vereinigung. In Deutschland ist sie nicht verboten.
Beruht die ganze Anklage auf Akten, die aus der Türkei stammen – und seine Verhaftung nur auf der Ermächtigung durch das Bundesjustizministerium von Heiko Maas, SPD?
Es gibt auch hiesige Akten. Aber Mehmet Yesilcali werden keine Gewaltstraftaten oder ähnliches in Deutschland vorgeworfen. Man legt ihm nur die Unterstützung der in der Türkei aktiven Organisation TKP/ML vor. Es ist eine Straftat nach Paragraph 129b des Strafgesetzbuches. Die kann nur verfolgt werden, weil das Justizministerium eine sogenannte Verfolgungsermächtigung erlassen hat.
In einer von Ihnen verschickten Pressemitteilung heißt es, der Gesundheitszustand von Mehmet Yesilcali habe sich seit dem 9. Dezember 2016 verschlechtert. Er sei in der Münchner Haftanstalt misshandelt worden. Was war passiert?
Am Ende eines langen Verhandlungstages der Hauptverhandlung war er völlig fertig. Eine Anstaltsärztin hatte behauptet, bei ihm bestehe Suizidgefahr. Das war unverantwortlich und falsch. In der Folge wurde er in den sogenannten Bunker geschafft, dort gewaltsam vollständig entkleidet. So musste er fast 24 Stunden gefesselt in dieser Zelle verbringen. Die Begründung dafür lautete, dass man ihn vor sich selbst habe schützen müssen. All das hatte einen neuen Krankheitsschub zur Folge.
Wie sind die Haftbedingungen in München?
Selbst Familienbesuche sind nur mit Trennscheibe möglich, sportliche Betätigung nahezu gar nicht.
Auch wenn noch keine Entscheidung über den Antrag des Oberlandesgerichts auf Haftentlassung vorliegt, sind Sie pessimistisch. Warum?
Das Oberlandesgericht München hätte ihn längst freilassen können, da Gutachten auf die Gesundheitsgefährdung hinweisen. Es nicht zu tun, entspricht der Linie der Bundesanwaltschaft und jener des Gerichts: Beide wollen den Druck erhöhen. Es geht offenbar darum, so zu Aussagen zu kommen und die Verteidigung einzuschränken. Wenn das Gericht wollte, könnte es nach eigenem Ermessen sofort die Untersuchungshaft beenden.
Welche Möglichkeiten gibt es noch, auf die Haftentlassung hinzuwirken?
Im Lauf dieser Woche ist ein Beschluss zu erwarten. Tut sich dann nichts, können wir durch Öffentlichkeitsarbeit den Druck erhöhen. (Junge Welt)