Tod von Samuel Luis Nicola

Die Nachricht ging allgemeiner in der 9h-Pause um. Luis, besser als „El Faraon“ bekannt, ist tot.

Zuerst Unglauben, dann auch Wut, und grosse, denn sofort ist allen klar, dass Luis nicht „gestorben ist“ sondern man hat ihn sterben lassen!

Seit einer Woche beklagte er sich über Bauchschmerzen, aber wie immer wurde er beim Arztbesuch mit der üblichen Süffisanz abgefertigt. Seit einigen Tagen ass er nicht mehr und sagte, er könne auch nichts mehr trinken. Dann wurde ihm am 9.August schlecht, und zwar so stark, dass er von einem anderen Gefangenen zum Arztdienst begleitet werden musste. Und wiederum begnügte sich der Arzt damit ihm ein Medi zu verabreichen und ihn auf die Zelle zu schicken.

Dass es ihm schlecht ging war klar, man sah es ihm klar und deutlich an. Donnerstagnacht geht es ihm wieder schlecht, seine Zellennachbarn hören ihn um Hilfe rufen und hören ihn sagen, er sei am Sterben. Später ruft er von seiner Zelle aus den Nachtwärter um Hilfe. Die Antwort: er müsse den nächsten Morgen abwarten. Am nächsten Morgen finden sie ihn tot in seiner Zelle.

El Faraon war fit, rauchte nicht, nahm keine Drogen und ass auch kein Fleisch. Seit einer Woche beklagte er sich über Bauchschmerzen. Er war ein fröhlicher Junge, schlagfertig und hatte immer ein Lächeln bereit. Seit 2010 war er in Regensdorf eingesperrt wo Donnerstag seine Strafe von seinen Kerkermeistern in Todesstrafe umgewandelt wurde.

Am Tag danach benahmen sich die Gefängniswärter als sei nichts geschehen, und leider war seitens verschiedener gefangenen dieselbe Reaktion festzustellen. Die Direktion liess in den Abteilen eine Todesanzeige aufhängen wo sie mit dem heuchlerischen Bedauern auch gleich ankündigt, es werde eine Autopsie und eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft zur Feststellung der Todesursache geben, was eigentlich schon im Voraus der versuch heisst, die Todesursachen Luis selbst anzulasten.Aber hier ist klar wieso Luis gestorben ist: ihm wurde die Hilfe verweigert, man liess ihn sterben.Auf dieser Seite der Mauer ist man nicht so naiv um nicht zu wissen, dass auch im Falle von Ermittlungen die Institutionen sich gefälligst gegenseitig beistehen werden.

Unter Gefangenen, vor allem Jenen, die Luis näher standen, aber nicht nur, wurde über den Vorfall diskutiert und darüber wie man darauf antworten soll. Dass das, was El Faraon geschehen, kein Unfall ist, sondern eine Situation, in der man sich jederzeit selbst befinden könnte, ist allen bewusst. Es ist auch nicht das erste Mal, dass derartiges geschieht. Was drinnen am stärksten zutage getreten ist, ist der Wille, dass dieser Vorfall nach aussen dringt, damit er Folgen habe und nicht, wie in allen anderen von den Gefängniswärtern gefällten Todesurteilen, es schon wieder als Schicksal durchgeht, im Stil „dumm gelaufen“. Deswegen bitten wir um Verbreitung dieser Nachricht und Aufmerksamkeit darüber, dass dieser Tod nicht einmal wieder vertuscht und vergessen wird, jenem Vergessen überlassen wird, das der Gefängnisinstitution eigen ist.

Regensdorf, 10.08.2012

von mc, lager lenzburg, am 15.august 2012 aus dem lager pöschwies auf italienisch mit der bitte um übersetzung und weitergabe erhalten und übersetzt.