WIDERSTAND GEGEN RECHTS

Kampf gegen die Ohnmacht
Antifaschist Jo muss Haftstrafe antreten. Solidarität mit inhaftierten Aktivisten

Am kommenden Montag muss der Stuttgarter Antifaschist mit dem Pseudonym Jo seine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Ravensburg antreten. Zu der war er im vergangenen Oktober am Oberlandesgericht in Stuttgart-Stammheim verurteilt worden. Das damals gefällte Urteil lautet viereinhalb Jahre Gefängnis, die eingelegte Revision wurde vor wenigen Wochen ohne Vorankündigung und unbegründet abgelehnt. Jo saß bereits zwischen Juli 2020 und Januar 2021 insgesamt sechs Monate in der JVA Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft. Sein Haftbefehl war im Rahmen einer Haftprüfung vorerst aufgehoben worden.

Vorgeworfen wird ihm eine körperliche Auseinandersetzung am 16. Mai 2020 am Rande einer »Querdenken«-Demonstration in Stuttgart. Er soll Neonazis der rechten Scheingewerkschaft »Zentrum Automobil« angegriffen haben.

In dem halben Jahr des sogenannten Wasen-Verfahrens hatte es keine ernstzunehmende Beweislage und zahlreiche Widersprüche in den belastenden Aussagen gegeben. Ein weiterer Aktivist namens Dy wurde im selben Prozess zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt und sitzt bereits seit Anfang November 2020 im Gefängnis. Seit dieser Woche wurde die Untersuchungshaft in der JVA Bruchsal in Strafhaft umgewandelt.

Entmutigen lassen will sich Jo durch seine Verurteilung nicht. »Klar ist: Die Ablehnung der Revision ist politisch gewollt«, erklärte Jo am Donnerstag im Gespräch mit jW. Durch die fehlende Begründung der Revisionsablehnung werde »deutlich, dass der bürgerliche Staat Antifaschismus kriminalisiert«. Jo weiter: »Politisch bedeutet die Haftstrafe vor allem, dass ich zunächst auf der Straße und im Offenen Antifaschistischen Treffen Rems-Murr fehlen werde. Aber der Knast ist schließlich auch nur ein anderes politisches Kampffeld, und gerade hier ist Antifaschismus relevant.« Dennoch: Haft bedeute auch lange Zeit Abstand von seiner Familie sowie Freundinnen und Freunden, fügte der Aktivist hinzu.

Unterstützt werden die Inhaftierten von der Solidaritätskampagne »Antifaschismus bleibt notwendig«. Diese hatte auch das Verfahren des Antifaaktivisten Findus begleitet, der im Oktober 2020 wegen vermeintlicher Demonstrationsdelikte zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. »Antifaschistisch zu kämpfen bedeutet für uns auch, hier solidarisch gegen Repression zu stehen«, heißt es in einer Stellungnahme der Kampagne. »Es ist klar, dass wir unsere Genoss:innen im Knast nicht im Stich lassen und gemeinsam auf beiden Seiten der Knastmauer weiterkämpfen.«

Für Montag ist um 13.30 Uhr eine Kundgebung vor der JVA Ravensburg angekündigt. »Die Kundgebung vor der JVA soll vor allem ein kämpferischer Abschied auf Zeit sein und die Ohnmacht durchbrechen«, erläutert Jo die Intention der Protestkundgebung in der schwäbischen Kleinstadt.

Von Henning von Stoltzenberg junge Welt 19.8.22