Zur Situation der Gefangenen in Griechenland

Seit dem Aufstand im Dezember 2008 versucht der griechische Repressionsapparat die erstarkten subversiven Bewegungen zu zerschlagen. In den letzten 2 Jahren geschah dies wieder vermehrt durch Verhaftungen unter dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation“. Unter diesem Vorwurf wurden 2009 fünf junge GefährtInnen verhaftet, da sie Teil der seit 2008 aktiven Stadtguerilla-Gruppe „Verschwörung der feurigen Zellen“ („Conspiracy of the Cells of Fire“) sein sollen. Drei von ihnen, Harilaos “Haris” Hatzimichelakis, Panayiotis “Takis” Masouras und Konstantina Karakatsani sitzen immer noch im Knast. Nicht nur die Polizei tat alles, um den Fall so spektakulär wie möglich zu gestalten, sondern auch die Medien, welche immer wieder von „sicheren Häusern“ sprachen, die die GefährtInnen angeblich zur Planung diverser Anschläge und zur Aufbewahrung von Sprengstoff nutzten. Dies ist geplante Taktik. Denn schon 2007 quollen die Medien von schlecht geschriebenen Geschichten über. Damals wurde einer der von den Medien erfundenen „Robbers in Black“ Yiannis Dimitrakis von der Polizei angeschossen und verhaftet, als er dabei war eine Bank zu überfallen. Polizei und Medien konstruierten das Bild eines „anarchistischen Terroristen“ und dokumentierten dessen Aktivität im anarchistischen Spektrum. Yiannis muss wegen dem bewaffneten Überfall noch weitere 35 Jahre absitzen. Gegen 3 weitere Gefährten liegen Haftbefehle vor, wobei einer, gegen Simos Seisidis, im März diesen Jahres vollstreckt wurde. Bei der Festnahme wurde er von Polizeikugeln am Bein getroffen, wodurch ernsthafte Verletzungen entstanden und ihm schlussendlich das Bein amputiert werden musste. Er wird im Krankenhaus des Knastes Korydallos in Athen unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen gefangen gehalten. Aris Seirinidis, auch ein anarchistischer Gefährte aus Athen, wird vorgeworfen, 2009 auf ein Polizeifahrzeug geschossen zu haben. Er sitzt immer noch im Knast, ohne jegliche Beweise.

Ebenfalls angeklagt wegen bewaffneten Banküberfalls ist Christos Stratigopoulos und wegen Komplizenschaft der 73-jährige Alfredo Bonanno. Beide sitzen seit dem 1. Oktober 2009 in Athen im Gefängnis. Obwohl Christos die komplette Verantwortung für den Überfall übernommen hat, werden jegliche Anträge auf Freilassung Bonannos abgelehnt. Der Gesundheitszustand des 73-jährigen ist sehr schlecht, er hat einen Tumor im Schulterbereich, und ist unter anderem Diabetiker. Der Prozess gegen die beiden Anarchisten ist für den 22. November 2010 angesetzt. Es zeigt sich sehr deutlich, wie der griechische Staat Alfredo trotz seines Gesundheitszustandes versucht, zu schikanieren, er ist seit Jahrzehnten in der anarchistischen Bewegung aktiv und bekannt, durch Texte und andere Aktivitäten.
Wenn mensch sich z. b. das Strafmaß von Vangelis Chrysochoidis und Polykarpos Georgiadis ansieht, die für das Entführen eines Industriebosses im Jahr 2008 zu 22 Jahren verurteilt wurden, oder das von Ilias Nikolau, der wegen eines Brandanschlags auf eine Polizeistation in Thessaloniki im August 2008 7,5 Jahre bekam, so sieht die Zukunft für Bonanno und Stratigopoulos weniger rosig aus.

Bei all diesen Verhaftungen ist es wohl kaum zufällig, dass es sich immer um Menschen handelt, die an eine befreite Gesellschaft glauben und für diese auch kompromisslos kämpften und auch weiterhin hinter Gittern dafür kämpfen werden. Das dann „zufällig“ Menschen wie Lambros Foundas von Polizisten erschossen werden, scheint unglaubwürdig. Polizeikugeln trafen ihn tödlich, als er am 10. März 2010 ein Auto knacken wollte. Er sei bewaffnet gewesen, so die Polizisten. Das nur einen Monat später 6 GefährtInnen festgenommen werden, denen Mitgliedschaft in der Stadtguerilla-Gruppe „ Revolutionärer Kampf“ (Revolutionary Struggle) vorgeworfen wird, kann auch hier wieder kein Zufall sein. Eine Gruppe, die jahrelang erfolgreich Staat und Kapital durch militante Aktionen sabotierte. Denn wie sich herausstellte, nahm Lambros Foundas ebenfalls an den Aktivitäten von „Revolutionären Kampf“ teil, wie 3 der Verhafteten, Panayiota “Pola” Roupa, Constantinos “Costas” Gournas und Nikolaos “Nikos” Maziotis in einem 16-seitigen Selbstbezichtigungsschreiben darlegten.
Am 17. September wurden wieder einmal drei GefährtInnen 150 km südlich von Athen festgenommen. Auch ihnen wird vorgeworfen, einen bewaffneten Banküberfall begangen zu haben, obwohl keinerlei Beute oder irgendeine Bewaffnung zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung vorlag. Einer der nun Gefangengehaltenen, Michalis Traikapis, gehörte zu den Thessaloniki 7, die während der Proteste um den EU-Gipfel 2003, festgenommen wurden. Anfang Oktober wurde ein 19jähriger Gefährte in Thessaloniki unter dem Vorwurf der Brandstiftung (zu der er sich bekannte) verhaftet, wobei noch 4 weitere Personen gesucht werden.
Die Liste solcher Fälle wird nicht kürzer, solange die Regierung und die Medien alles daran setzten, subversive Zusammenhänge zu kriminalisieren. Derzeit sitzen ca. 25 AnarchistInnen, neben unzähligen „sozialen“ Gefangenen, in griechischen Knästen. Die Summe für ihre Unterstützung beläuft sich monatlich auf mehrere tausend Euro.

Es scheint eine Hexenjagd in Griechenland im Gange zu sein, in dessen Visier AnarchistInnen und Antiautoritäre geraten, wobei nicht vergessen werden darf, dass die repressiven Maßnahmen auf alle Teile der kämpfenden Bevölkerung zielen.

Doch der Repression steht eine enorme Solidarität gegenüber. Sei es durch die Besetzung von Fernsehstudios wie auf Kreta, durch die Besetzung der Universitäten, durch Demonstrationen und durch Anschläge. Sei es durch den seit Sommer existierenden Gefangenen-Solidaritätsfond oder durch die Hungerstreiks in den griechischen Knästen. Letzterer veranlasste die griechische Justiz dazu, dass Nikos Maziotis sein neugeborenes Kind von Pola Roupa und ihm besuchen durfte. Wie wir diesen Artikel schreiben, befinden sich Nikos Maziotis und Costas Gournas seit dem 13. Oktober wieder im Hungerstreik, denn Costas möchte in einen Knast verlegt werden, welcher näher zu seiner Familie liegt. (Costa hat wegen seiner erfolgreichen Verlegung inzwischen seinen HS beendet. Red.)
Gleichzeitig bekamen mehrere Athener GefährtInnen, Angehörige und FreundInnen der wegen Mitgliedschaft im „Revolutionärer Kampf“ Eingesperrten, Briefe von der Staatsanwaltschaft, die sie „zu Gesprächen einladen“ und zwar nach § b 187 A P.K., was dem Antiterrorparagraphen entspricht.

Das lässt glauben, dass der Staat nicht vor hat, den Druck gegen die Unbeugsamen abzubauen.

Aber die Leidenschaft für die Freiheit bleibt stärker als jede Zelle!

Anarchist Black Cross, Berlin
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