todesfasten

ZWANGSERNÄHRT UND MISSHANDELT Verzweifelter Appell

Unterstützer der türkischen linken Band Grup Yorum sprechen von schwerer Folter
Grup Yorum im Jahr 2013, vor den jüngsten Verhaftungswellen
Unterstützer der türkischen linken Band Grup Yorum erheben Foltervorwürfe gegen den türkischen Staat.

Das inhaftierte Bandmitglied Mustafa Kocak sei im Zusammenhang mit Zwangsernährungsversuchen schwer misshandelt worden, sagte eine Sprecherin des Kölner Solidaritätskomitees für die Gruppe, deren Musiker zum Teil seit mehr als 270 Tagen mit einem Todesfasten gegen die Haftbedingungen und weitere Repressalien gegen politische Künstler protestieren, am Dienstag gegenüber junge Welt. Durch Vitamin-B-Präparate seien sie in der Lage, klar zu denken, aber bis auf die Knochen abgemagert. Wenige Tage alte Fotos von ihnen kursieren beim Kurzbotschaftendienst Twitter unter »#FreeGrupYorum« und auf der Facebook-Seite »Anadolu Newsblog«.

Mustafa Kocak habe 73 Nadelstiche und geplatzte Adern am Körper gehabt, nachdem er sich fünf Tage lang verzweifelt gegen eine Infusion gewehrt hatte. Es sei auch zu sexualisierter Gewalt mit einem Schlagstock gegen ihren Mandanten gekommen. Schließlich sei er zur Zwangsernährung mit mehreren Ketten fixiert worden. All dies habe seine Anwältin bereits nach einem Besuch am 17. März berichtet, nachdem Kocak vom Sakran-Gefängnis in Izmir ins Haftkrankenhaus verlegt worden sei. Erst eine Woche nach dem Besuch der Anwältin sei eine unabhängige medizinische Untersuchung ermöglicht worden – das Ergebnis stehe noch aus.

Weitere Grup-Yorum-Mitglieder befinden sich nach Angaben des Komitees auf der Intensivstation im Ümraniye-Krankenhaus. Auch Helin Bölek und Ibrahim Gökcek beteiligen sich am Todesfasten, das sie nur einstellen wollen, wenn ihre Forderungen erfüllt werden – sie verlangen die Aufhebung von Konzertverboten, die Annullierung von Fahndungslisten, auf denen weitere Bandkollegen stehen, sowie »die Beendigung der andauernden Polizeiangriffe und Verwüstungen in ihrem Kulturzentrum, die Beendigung willkürlicher Prozesse und Freilassung ihrer inhaftierten Mitglieder«, erklärte das Solidaritätskomitee vergangene Woche. Der türkische Staat setzt offensichtlich darauf, dass der verzweifelte Protest in naher Zukunft tödlich endet.

Das Solidaritätskomitee appelliert daher an die demokratische Öffentlichkeit in EU-Staaten wie Deutschland und ruft dazu auf, unterstützende Videobotschaften für die Band ins Internet zu stellen.

Außerdem sollen türkische Institutionen und Botschaften im Ausland in großem Stil angeschrieben und angerufen werden. Einschlägige Adressen finden sich auf der genannten Facebook-Seite und in dem Blog freegrupyorum.wordpress.com. (jW) 25.3