Azadi-Kopf

9.März: Prozessauftakt im §§129a/b-Verfahren gegen Zahir A.

An diesem Tag wird vor dem 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle der Prozess gegen den kurdischen Aktivisten Zahir A. eröffnet. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle beschuldigt den 57-Jährigen der Mitgliedschaft in der PKK, einer nach Einschätzung der Strafverfolgungsbehörden „terroristischen Vereinigung im Ausland“. Er soll von März 2014 bis Ende Juni 2015 im „PKK-Gebiet“ Salzgitter als Gebietsverantwortlicher tätig und für den Bereich der „organisatorischen, finanziellen, personellen und propagandistischen Angelegenheiten“ zuständig gewesen sein. Auch habe er „übergeordnete Kader“ über seine Arbeit informiert.

Zu befürchten ist, dass das Bestreben der Gerichte, bei den „Terrorismus“-Verfahren gegen kurdische Aktivisten „kurzen Prozess“ zu machen, auch für dieses Verfahren gelten soll. Vor dem Hintergrund einiger Revisionsverfahren aus dem Jahre 2013, hat der Bundesgerichtshof die Urteile von Oberlandesgerichten bestätigt, so dass diese rechtskräftig wurden. Das wiederum veranlasste die Bundesanwaltschaft, verstärkt §129b-Verfahren an die Generalstaatsanwaltschaften der Länder abzugeben.

Seitdem sehen sich die Staatsschutzsenate der OLGs nicht mehr in der Pflicht, sich detailliert mit den historisch-politischen Hintergründen des türkisch-kurdischen Konflikts auseinanderzusetzen, mit den aktuellen Entwicklungen in der Türkei oder mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der türkischen Armee auf Afrîn. Die Fakten werden von ihnen als bekannt vorausgesetzt und auch nicht bestritten.

Die zahlreichen und ausführlichen Anträge der Verteidiger*innen in allen Prozessen dürften zumindest dazu beigetragen haben, dass die Gerichte nicht umhin kamen, sich mit der komplexen Thematik zu befassen. Dennoch enden die meisten Prozesse mit der Verurteilung der Angeklagten zu Freiheitsstrafen. Das Hauptargument ist, dass die kurdische Freiheitsbewegung trotz des staatsterroristischen Vorgehens der Türkei kein Recht zum (bewaffneten) Widerstand habe.

Gerade jetzt, wo die Repression gegen Kurd*innen und ihre Institutionen eine neue Dimension angenommen hat, in der Kritik am türkischen Regime und an der Politik der Bundesregierung kriminalisiert und versucht wird, Solidarität zu verhindern, ist Widerspruch, Gegenöffentlichkeit und Unterstützung der politischen Gefangenen nötig.

Die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit, der Vereinigungsfreiheit und der freien politischen Betätigung, die durch das PKK-Verbot nahezu ausgehebelt sind, müssen wieder hergestellt werden.

Die Hauptverhandlung beginnt

am Freitag, 9. März 2018, um 9.15 Uhr, in Saal 94 des OLG Celle,

Schlossplatz 2, Eingang Kanzleistraße

Fortsetzungstermine sind vorerst bis Ende Mai anberaumt.

AZADÎ e.V., Rechtshilfefonds

für Kurdinnen und Kurden in Deutschland, Köln

7. März 2018