Donnerstagmorgen begann der Prozess mit dem Plädoyer vom Anwalt von Andi. Er wies dabei auf verschiedene Aspekte hin, die den politischen und konstruierten Charakter des Prozesses hervorheben.
Einleitend betonte er den Fakt, dass sämtliche Anklagepunkte, welche nun in Bellinzona verhandelt wurden, zu einem früheren Zeitpunkt durch andere Instanzen (wie die kantonale Justiz von Zürich) entweder eingestellt oder sistiert worden waren. Sei es der pyrotechnische Angriff gegen die Kantonspolizei Zürich oder derjenige gegen das Fremdenverkehrsamt von Spanien: Alle wurden durch die Bundesstaatsanwaltschaft (wohl im Zuge von internationalem Druck der Repressionsapparate anderer Länder) neu aufgerollt. Stadlers Erklärung dazu: „Ja, wir verfügen halt über mehr Möglichkeiten als die Stadtpolizei Zürich…“ Als ob die zürcherische Polizei nicht jederzeit beim Bund Unterstützung anfordern könnte und von dieser Möglichkeit auch nicht wenig Gebrauch macht.
Ein weiterer Punkt, der aufzeigt wie die Bundesstaatsanwaltschaft am Grenzen ihrer selbstgesetzten Legalität arbeitet, ist derjenige, dass die DNA-Probe, welcher zur Feststellung der Übereinstimmung von gefundenen Mischsppuren und Andi verwendet wurde, gemäss damaligem Recht nicht hätte verwendet werden dürfen. Denn diese hätte – nachdem das Verfahren, welches zur DNA-Entnahme führte, eingestellt wurde – vernichtet werden müssen. Betreffend der Gefährlichkeit der verwendeten Knallkörper wies die Verteidigung einerseits darauf hin, dass die einen mitunter für die Verwendung im Inneren gedacht sind. Von einer grösseren Gefahr kann also nicht die Rede sein. Bei den anderen Knallern, die vom Böögg her stammten, stellte er die rhetorische Frage, ob man denn jetzt auch das Sechseläuten verbieten müsse. Denn dort stehen dicht gedrängt Tausende Leute in unmittelbarer Nähe der genau gleichen Knallkörper. Abschliessend wies er darauf hin, dass die Indizienkette, welche die Bundesstaatsanwaltschaft aufgebaut hat, nur dann geschlossen werden kann, wenn die politische Gesinnung von Andi als Kommunistin berücksichtigt werde.
Während der Antwort von Stadler auf das Plädoyer ertönten von draussen andauernd Parolen – die Kommunikation zwischen drinnen und draussen funktioniert eben doch! Danach folgte zum Abschluss des Prozesses die Erklärung von Andi, welches sie von ihrem Platz aus verlas, um so auch die GenossInnen im Saal ansprechen zu können. Sie betonte darin wiederum den politischen Charakter des Prozesses und stellte die Frage, warum ausgerechnet jetzt dieser Prozess komme. Grundsätzlich könne dieser nicht von der aktuellen Krise des Kapitalismus losgelöst betrachtet werden. In dieser laufen international Angriffe gegen die ArbeiterInnen-Klasse und als Antwort darauf wehren sich zunehmend mehr Leute gemeinsam. Mit dem jetzigen Angriff soll abgeschreckt und gespalten werden. Niemand soll es wagen sich militant politisch zu verhalten! Und diejenigen die es doch tun, sollen vom Rest der Bewegung abgespalten werden. Umso wichtiger vor diesem Hintergrund ist die Solidarität. Sowohl als defensives Element, indem man sich gegen solche Spaltungsversuche wehrt, wie auch als offensives Element, das zur Formierung eines kämpferischen Bewusstseins dienen kann.
Vor dem Gericht formierten sich wie am Tag zuvor wieder Genossinnen und Genossen. Wieder wurden Transparente aufgehängt, Fahnen montiert und die Lautsprecheranlage in Position gebracht. Vorbereitet wurden vorallem die lautstarke Beteiligung am Prozess sobald der Bundesstaatsanwalt spricht oder Andi am Sprechen gehindert werden sollte.
Das Urteil wird schriftlich eröffnet werden.
Als danach die Richter und Stadler das Gericht in abgedunkelten Kastenwägen verliessen, wurde die Strasse vor dem Gericht ein weiteres Mal von einem Grossaufgebot der Polizei in Riot-Uniform geräumt, damit diese sicher und unbescholten abfahren konnten. Zuvor hatten sie bereits die Leute vom Gerichtsgebäude zurückgedrängt, als man den Redebeitrag von Stadler lautstark störte.
Kurz vor Schluss wurde dann auch noch ein Transparent von einer der Burgen in Bellinzona gehängt und mit Rauch und Knallern darauf aufmerksam gemacht.
Zum Abschluss bewegte sich dann nochmal ein Demozug, mit einem zwischenhalt beim spanischen Konsulat vom Gericht zum Piazza del Sole, um dort noch weiter präsent zu sein.
Ab 18 Uhr findet im Volkshaus (Casa del Popolo) wieder eine Infoveranstaltung statt. Es wird vom Prozess vermittelt und danach gibt es Berichte aus Italien, Belgien und Deutschland zur revolutionären Politik und der Repression dagegen (z.B. aus dem Val – Susa – Tal in Italien).