Brief von Werner Braeuner vom 13.06.2011

Einen revolutionären Gruß aus dem Knast, aus dem innersten Heiligtum von Staat, Sozialdemokratie/Lohnarbeit und Kapital an die kämpfende Soligruppe in Berlin.

Sehnde, 13.6.2011

HS-Berichtsbrief #4

A.S.: Knastkampf ohne Unterstützung von draußen ist wie ein Schwanz, der mit dem Hund wedeln wollte.

Einen revolutionären Gruß aus dem Knast, aus dem innersten Heiligtum von Staat, Sozialdemokratie/Lohnarbeit und Kapital an die kämpfende Soligruppe in Berlin

Salut, GenossInnen!
Salut, Euch allen im Klassenkampf!

Am 10.6., Freitag, war Vorstellung beim Arzt. Gewicht: 69,4kg;
Blutdruck, Puls in Ordnung; Urin-Schnelltest unauffällig, allerdings erstmals erhöhter Keraton-Wert. Keine Blutentnahme am Mittwoch, 8.6.

Von Freitag, 3.6., bis zum Freitag, 10.6., betrug die Gewichtsabnahme lediglich 300gr.! Laut Dr. Windelbroth zeigt dies in Verbindung mit dem erhöhten Keraton-Wertdes Aufgebrauchtsein der Fettreserven des Körpers an; Keraton bildet sich mit Beginn des Abbaus der im Muskelgewebe gespeicherten Zuckerreserven des Körpers. Mit diesem Abbau sinkt der Energieumsatz fühlbar, und tatsächlich hat sich etwa mit der vergangenen Woche eine größere Mattigkeit eingestellt. Nach 1 Stunde verhaltener Aktivität benötige ich 2-3 Stunden völlige Ruhe. Mitgefangene mit HS-Erfahrung berichten, diese Phase des Zuckerabbaus dauere nur kurze Zeit, vielleicht 1-2 Wochen, danach würde es mir sehr schlecht gehen. Laut Dr. Windelbroth wird nach Beendigung des Zuckerabbaus Abbau von Muskelgewebe beginnen. Doch muß jener Abbau bereits begonnen haben, wie sich an meinem Körper eindeutig erkennen läßt. Abbau von Muskelgewebe produziert giftige Stoffwechsel- Substanzen (Niere belastet!) und kann, da das Herz Muskel ist, dieses schädigen *

* T3 und T4, die noch vom Blutbild ausstehend gewesenen Werte zur Schädeldrüsenaktivität, liegen im unteren Normbereich.

So weit mein laienhafter medizinischer Bericht. Meine Kampfmoral ist unverändert gut, ich bin weiterhin in guter psychischer Verfassung, koche begeistert für Mitgefangene (heute abend Pizza!) und „esse“ dabei mit Nase und Augen. Allerdings ist der Kreislauf wackelig, muß alles mit großer Ruhe tun. Falls das Ministerium in Verhandlungen treten will, so rückt der Zeitpunkt nun also nahe. RA Dündar Kelloglu aus Hannover hat sich bereit erklärt, mich in eventuellen Verhandlungen zu vertreten. Ebenfalls Dr. Windelbroth als unabhängiger Mediator.

Verhandlungsgegenstand sind die Mittel für Selbstbeköstigung UND eine weitere Angelegenheit, die ich Euch erstmals nun bekannt geben möchte und die ich Euch bitte, ebenfalls solidarisch zu unterstützen. Als KlassenkämpferInnen und solidarische Menschen werdet Ihr das sicherlich gern tun:
Im weiteren Verlauf des Vollzugs von Strafe möchten mein Mitgefangener Dirk und ich nicht getrennt werden. Von meiner Seite aus ist dies unabdingbar, da es mir unmöglich ist, einen hilflosen Kampfgefährten schutzlos auf dem Gefechtsfeld strafvollzuglicher scharfer Repression zurückzulassen. Wie die Forderung nach Selbstbeköstigung steht auch die nun weitere Forderung unter der Überschrift „Solidarität im Klassenkampf“. Deshalb sind beide Forderungen untrennbar:
sine qua non!

Sollte das Ministerium hier einwilligen und sich später eines anderen besinnen, werde ich den unbefristeten Hungerstreik sofort wieder aufnehmen. Es sei denn, Dirk würde erklären, daß ihm eine Trennung keine unannehmbaren Härten verursachen würde. Dies ist mit Dirk abgesprochen. Er ist durch Schlaganfall vor 10 Jahren halbseitig gelähmt und Diabetiker, Von der JVA Sehnde erhält er nicht nur keine – und ihm von Dr. Windelbroth ärztlich verordnete! Behandlung der Schlaganfallfolgen. er wird zudem mit Repression überzogen, indem die Anstalt ihm eine Zahlungsvereinbarung für noch ausstehende Haftkosten verweigert, welche Vereinbarung ihm erlauben könnte, am Gefangeneneinkauf beim Knastkaufmann teilzunehmen- und dies für die nächsten 5 (!) Monate. Durch die halbseitige Lähmung (80% Behinderungsgrad, weitgehende Unfähigkeit zur Verrichtung von Alltagsstägigkeiten) braucht Dirk Hilfestellung bei Raum- und Körperpflege sowie unzählige sonstige kleinere Assistenzen, die ihm anstaltsseitig nicht ausreichend oder garnicht gewährt werden können und von mir übernommen werden. Dirk ist Rebell,  einer von uns.
Als letztes etwas, das gleichfalls anzusprechen ist. Die GenossInnen des (Gefangenen Info) (www.gefangenen. info) sind sehr solidarisch und haben in der Ausgabe 362, juni 2011, auf der Seite 16 aus drei Briefen von mir an GenossInnen zitiert. Im dort 2. Brief, in den Absätzen 1 bis 3 sowie im 3. Brief, 4. Absatz, finden sich leider einige verständniserschwerende oder sinn entstellende Übertragungsfehler ausgerechnet in politisch und juristisch hoch relevanten Textpassagen. Daher hier für Euch mit Bitte um Veröffentlichung die berichtigten Absätze:

2. Brief, Absatz 1 bis 3: „Meine tat vom 6.2.2001 wird immer fälschlich als „Verzweiflungstat“ bezeichnet. Ich möchte dazu hier noch einmal klar Stellung beziehen: Verzweiflung liegt vor, wenn es keine reale Handlungsalternative mehr gibt, eine solche Alternative war jedoch vorhanden: Unterwerfung unter das Zwangsarbeitsregime des Verdener Sozialamts, oder kürzer: willfähig untertan sein…
Immerhin mußte ich das Ziel zuvor auskundschaften, die Örtlichkeiten erkunden und eine Waffe zum Kampfort mitbringen. Anders als dem Gericht wegen der angedrohten Psychiatriefolter fälschlich vorgetragen, hat es am 6.2.2001 keinenWortwechsel oder Streit mit Klaus Herzberg vor dessen Haus gegeben, ich habe diesen mit dem Vorsatz aufgesucht, ihn in die Hölle zu schicken- ein Attentat also! Ich ging davon aus, vom Gericht ein Lebenslänglich zu erhalten, doch wurde ich gezwungen, die Lügengeschichte von einer „Verzweiflungstat“ vorzutragen)

3. Brief, Absatz 4: „…; die Verwandtschaftsbeziehung meines damaligen Verteidigers Brennecke zum SPD-MdB Stüncker; Verhinderung eines politischen Verfahrens durch die Nötigung, eine Totschlagsversion vorzutragen).“
(Der Redakton des „Gefangenen Info“ übermittle ich die Korrekturen zugleich mit dieser Post.)
Ich danke Euch von der soligruppe, allen UnterstützerInnen und SolibriefeschreiberInnen. Ohne Euch gäbe es diesen Kampf nicht!
Solidarität ist eine Waffe! RevolutionärInnen schließen ihre Freundschaften im Kampf. Knastkampf ist Klassenkampf.

Ex nihilo plentitudines Werner

P.S.: Hat irgendwer irgendwann SozialdemokratInnen beim Klassenkampf ertappt??? (Lohnkampf ist nicht Klassenkampf!!!)
P.S. Bitte veröffentlicht diesen HS-Berichtsbrief!!!

Sehnde, 13.6.2011

 

HS-Berichtsbrief #4

 

A.S.: Knastkampf ohne Unterstützung von draußen ist wie ein Schwanz, der mit dem Hund wedeln wollte.

 

Einen revolutionären Gruß aus dem Knast, aus dem innersten Heiligtum von Staat, Sozialdemokratie/Lohnarbeit und Kapital an die kämpfende Soligruppe in Berlin