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Erfolgreiche Verteidigung gegen Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands und aktiver Anwaltstätigkeit vor Ort –

Im Juli 2020 verhängte das Amtsgericht Essen – Steele auf Betreiben der polizeilichen Staatsschutzes und der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe in Höhe von 4800.– € gegen ihn wegen einer spontanen Kundgebung gegen einen Aufmarsch der faschistischen Gruppe der sogenannten „Steeler Jungs“ am 10.12. 2019. Aufgrund des Einspruchs gegen diese Gerichtsentscheidung fand am 10.11. 2020 eine Gerichtsverhandlung statt. Roland Meister machte im Prozess deutlich, dass der Protest gegen faschistische Aufmärsche bereits aufgrund des nach wie vor gültigen Potsdamer Abkommen legitim ist, durch das faschistische Aufmärsche und Organisationen verboten sind. Statt gegen antifaschistische Kräfte vorzugehen, hätte seitens der Essener Polizeikräfte der faschistische Umzug aufgelöst werden müssen.

Der Polizeizeuge, mit dem Rechtsanwalt Roland Meister am 10.12. 2019 gesprochen hatte, hielt seine Beschuldigungen aus dem Ermittlungsverfahren gegen Rechtsanwalt Roland Meister nicht mehr aufrecht. Er musste bestätigen, dass es keine konkreten Anhaltspunkte gibt, aus denen geschlossen werden könne, dass Rechtsanwalt Roland Meister verantwortlich für die Durchführung einer verbotenen Kundgebung sein könnte. Roland Meister habe nach seinem Eindruck als „Sprachrohr“ der Teilnehmer mit ihm gesprochen und es spräche auch manches dafür, dass es sich bei dem antifaschistischen Protest um eine rechtmäßige spontane Kundgebung gehandelt hat. Zwei weitere Polizeizeugen waren ohne weitere Begründung nicht erschienen. Roland Meister war in seiner Erklärung darauf eingegangen, dass es inzwischen eindeutige Belege von Verstrickungen von Polizeikräften mit faschistischen Strukturen gibt; so sei inzwischen belegt, dass mindestens ein Polizist auch organisatorisch mit den „Steeler Jungs“ verbunden und Essen ganz offensichtlich inzwischen ein Hort der antikommunistischen Faschisierung der Polizei geworden ist. “Wir hatten damals schon die These, dass es direkte Verbindungen von der Polizei zu den sog. ‚Steeler Jungs’ gibt. Inzwischen ist das als Fakt bekannt”, so Roland Meister gegenüber dem Gericht. Die Staatsanwaltschaft verzichtete im Hinblick auf die Aussagen des anwesenden Polisten ausdrücklich auf die Vernehmung weiterer Polizeizeugen. Eine Erklärung hierfür ist, dass sie befürchtet, dass möglicherweise weitere Fakten ans Tageslicht kommen, die dem Ansehen der Polizei in Essen abträglich sind.

Aufgrund der Tatsache, dass die konstruierten “Beweise sehr dünn waren, hielt selbst die Staatsanwaltschaft die Anklagepunkte nicht länger aufrecht und plädierte auf Freispruch.
Das Gericht sprach Roland Meister in seinem Urteil schließlich frei. Weitergehende Bedeutung für antifaschistische Proteste, die ja häufig auch spontan organisiert werden müssen, haben dabei seine Ausführungen, dass für ihn bereits in Frage steht, ob es sich tatsächlich um eine rechtswidrige Versammlung gehandelt hat. Man kann durchaus auch davon ausgehen, dass es sich um eine zulässige Spontanversammlung gehandelt hat. Roland Meister sei offensichtlich ein Sprachrohr der Teilnehmer dieser Spontanversammlung gewesen, daraus könne aber nicht auf die verantwortliche Leitung einer verbotenen Kundgebung geschlossen werden. Aufgrund erheblicher Zweifel an den Anklagevorwürfen sei Rechtsanwalt Roland Meister von daher freizusprechen.
Das freisprechende Urteil ist ein bedeutender Erfolg im Kampf zur Verteidigung des antifaschistischen Versammlungsrechtes und einer progressiven Anwaltstätigkeit vor Ort.

Die in den letzten Wochen erfolgte intensive Öffentlichkeitsarbeit gegen die faschistischen Strukturen in der Polizei, eine beachtliche internationale Solidarität auch aus Anwaltskreisen und nicht zuletzt eine kämpferische und Mut machende Kundgebung des Internationalistischen Bündnisses und weiterer Kräfte vor dem Amtsgericht haben dazu sicher beigetragen. Trotz der kurzen Mobilisierung kamen nach verschiedenen Berichten mehr als 70 Personen, um ihre Solidarität auszudrücken und gegen die Kriminalisierung antifaschistischer Anwaltstätigkeit zu protestieren. Unter ihnen waren Genossinnen und Genossen von MLPD und des REBELL, migrantischer Organisationen wie ATIF, YDG, Bir Kar, AGIF, DIDF, dem kurdischen Nav Dem – Verein aus Essen sowie Journalisten von “Özgür Politika”, Kizil Bayrak und weiteren kurdischen und türkischen Zeitungen. Die Anwaltskanzlei des Volkes – Internationales Büro (Halkin Hukuk Bürosu) aus der Türkei, mit dem die Rechtsanwaltskanzlei Meister und Partner seit längerem zusammen arbeitet, betonte zutreffend in ihrer Solidaritätserklärung: „Antifaschistische Anwaltstätigkeit kann nicht verurteilt werden! Roland Meister zeigte auch Solidarität mit Revolutionären, die unter faschistischen Angriffen in der Türkei und auch in seinem Land Deutschland stehen. Wir fordern alle Kollegen, Anwaltskammern und Rechtsorganisationen auf, in Solidarität mit dem antifaschistischen Anwalt Roland Meister zu stehen!“ Eine Vielzahl afrikanischer Flüchtlinge, die er gegen die rassistische und reaktionäre Asylpolitik vertritt, überbrachten bewegende Solidaritätserklärungen, in denen sie u.a. betonten, dass er in ihren Augen eine „Hoffnung der Flüchtling und ein Symbol der Solidarität“ sei. Auch die vielfältigen Solidaritätserklärungen machten deutlich, welch großes Ansehen Roland Meister sich in seiner jahrzehntelangen selbstlosen politischen Tätigkeit als kommunistischer Rechtsanwalt und Repräsentant der MLPD erarbeitet hat.
Da aufgrund der Covid 19 – Bestimmungen nur 10 Besucher in den Gerichtssaal konnten, warteten viele solidarisch außerhalb des Gerichtsgebäudes auf das Ergebnis. Sie empfingen Roland Meister und seinen Verteidiger Yener Sözen mit großem Jubel und Freude über diesen konkreten Erfolg zur Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten.

Das Ergebnis bestärkte alle im Kampf gegen die sogenannten “Steeler Jungs” und alle anderen Rassisten und Faschisten sowie der Verteidigung grundlegender Rechte von Rechtsanwält*innen und eines Versammlungsrechts auf antifaschistischer Grundlage.

Essen, den 10.11. 2020