Iran: Haft statt Todesstrafe – Neue Urteile gegen Demonstrierende

Die Justiz des iranischen Regimes hat mehrere von der Hinrichtung bedrohte Demonstrierende zu Freiheitsstrafen verurteilt, drei Personen wurden begnadigt. Der Großprozess steht im Zusammenhang mit der angeblichen Tötung eines Basidsch-Milizionärs.

Die Justiz des iranischen Regimes hat mehrere von der Hinrichtung bedrohte Demonstrierende zu Freiheitsstrafen verurteilt. Wie dem Justizportal Misan Online zu entnehmen ist, wurde der Prozess um den Tod eines Angehörigen der Basidsch-Miliz, Irans inoffizieller Hilfspolizei, am Dienstag vor dem Obersten Gerichtshof in Karadsch neu verhandelt. Mehrere Beschuldigte, die zuvor zum Tode verurteilt worden waren, müssen nun stattdessen ins Gefängnis.

In dem Urteil wurde über die Strafen von 14 Beschuldigten neu entschieden. Elf Angeklagte erhielten mehrjährige Freiheitsstrafen, drei Demonstranten wurden begnadigt. Bei Letzteren handelt es sich um Behrad Ali-Kenari, Javad Zargaran und Reza Shaker Zavardehi. Im Falle des Arztes Hamid Ghareh Hassanlou etwa wurde ein früheres Todesurteil in eine 15-jährige Haftstrafe umgewandelt. Seine ebenfalls angeklagte Ehefrau Farzaneh Ghareh Hassanlou muss für fünf Jahre ins Gefängnis. Auch die von der Todesstrafe bedrohten Männer Reza Aria, ein Ingenieur, und der Schauspieler Hossein Mohammadi erhielten nun Haftstrafen.

Die Inhaftierung der Beschuldigten war zunächst mit der Teilnahme an einer Gedenkfeier für Hadis Najafi begründet worden, die Ende September bei einer Demonstration in Karadsch von Basidschis erschossen wurde. Im Rahmen des Großprozesses, der schließlich die Vorwürfe „Korruption auf Erden“ und „Verschwörung gegen die interne und externe Sicherheit“ verhandelte, wurden Anfang des Jahres zwei Demonstranten hingerichtet: Mohammad Mehdi Karami und Seyed Mohammad Hosseini.

„Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution größte Bedrohung des Regimes

Die Exekutionen der Demonstranten riefen international Kritik und Entsetzen hervor. Menschenrechtsorganisationen prangerten die Verhandlungen als Scheinprozesse an, die auf eine Einschüchterung der „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution abzielten. Der landesweite Volksaufstand hatte sich am Tod von Jina Mahsa Amini Mitte September entzündet. Die 22 Jahre alte Kurdin aus Seqiz in Rojhilat war in Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei getötet worden. Die Protestbewegung, die in der Folge ins Leben gerufen wurde, stellt die bislang größte Bedrohung des klerikal-faschistischen Regimes des Iran seit dessen Bestehen dar.

Vier Urteile bereits vollstreckt

Der Sicherheitsapparat reagierte mit äußerster Härte auf die Volksrevolte. Nach Angaben der NGO Iran Human Rights mit Sitz in Norwegen wurden mindestens 537 Menschen von iranischen Regimekräften im Zusammenhang mit dem Aufstand getötet, darunter dutzende Minderjährige. Neben dem gewaltsamen Vorgehen des iranischen Sicherheitsapparats folgte ein eiserner Kurs der Regime-Justiz. Weit mehr als 24.000 Menschen wurden verhaftet, laut verschiedenen Menschenrechtsgruppen drohte mehr als zwei Dutzend Demonstrierenden in Iran die Todesstrafe. Bisher hat das Regime vier Urteile vollstreckt.

Giftgasanschläge in Mädchenschulen

Seit November 2022 häufen sich in Iran und Rojhilat zudem Berichte über ungeklärte Vergiftungen in Mädchenschulen und Wohnheimen für Studentinnen. Landesweit soll es bereits tausende Opfer geben. Offiziell wurden noch keine Verantwortlichen für die Giftgasanschläge gefunden. Trotz Überwachungspraxis geben sich die Behörden des Regimes ahnungslos, wer dahintersteckt. Menschenrechtsorganisationen verdächtigen unter anderem aufgrund der fehlenden Aufklärung die Führung in Teheran. In dem Land gibt es keine außerstaatliche Gruppe, die in der Lage wäre, über Monate hinweg eine Anschlagsserie in diesem weitreichenden Ausmaß zu verüben und trotzdem unentdeckt zu bleiben.

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