Im folgenden dokumentieren wir einen Text des Solikreis, der die Situation von Zaid beschreibt. Unser Genosse hat sich vor kurzem den Behörden in Paris gestellt. Aber lest selbst.
organisierte autonomie (OA) Nürnberg, 30.10.25
Unser Nürnberger Freund und Genosse Zaid hat sich am 01.10.2025 in Paris den französischen Behörden gestellt. Hintergrund ist seine Verfolgung durch den ungarischen Staat mittels europäischen Haftbefehls. Ihm wird vorgeworfen an Auseinandersetzungen mit Rechtsextremen am Tag der Ehre 2023, Europas größtem Naziaufmarsch, in Budapest beteiligt gewesen zu sein. Zaid hatte sich bereits anfang diesen Jahres den deutschen Behörden in Köln, in der Hoffnung auf einen rechtsstaatlichen Prozess, gestellt, woraufhin er für mehr als drei Monate in U-Haft landete. Aufgrund fehlender deutscher Staatsbürgerschaft blieben seit seiner Haftverschonung im Mai sowohl eine Auslieferung nach Ungarn als auch eine Abschiebung nach Syrien sehr wahrscheinlich – als einziger der deutschen Verfolgten lag gegen Zaid nur ein europäischer und kein deutscher Haftbefehl vor. So sollten schließlich die gleichen Behörden die auch schon Maja, eine nicht binäre Person, rechtswidrig ins rechtsautoritäre Ungarn ausgeliefert haben über Zaids Zukunft entscheiden. Und das im zunehmend autoritären Deutschland, dessen rufe nach Abschiebung immer lauter werden. Nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg in Syrien und seit dem fortlaufenden Kampf zwischen Übergangsregierung, Milizen und umliegenden Staaten wäre eine Abschiebung dorhin extrem gefährlich. Außerdem lebt Zaid schon seit seiner frühen Jugend in Nürnberg, absolvierte hier sein Abitur, studierte Lehramt, spielte im Orchester und hat Familie und Freund*innen hier. Was ihm potentiell in Ungarn drohen würde zeigt der Fall Maja: nach zwei Jahren immernoch andauernder Isolations- und Einzelhaft, Ungeziefer in den Zellen, tägliche körperliche sowie psychische Schikane und die Forderung nach 24 Jahren Haft. Diese Bedrohung zwang ihn dazu, nach Frankreich zu fliehen.
Dabei hatte er Frankreich nicht ohne Grund ausgewählt: Denn auch Gino, der nur die albanische Staatsbürgerschaft besitzt, floh nach Frankreich und wurde vom französischen Gericht im gleichen Verfahren nicht nach Ungarn ausgeliefert. Die Entscheidung traf das französische Gericht nicht aufgrund von Verfahrensfehlern, wie es das deutsche Bundersverfassungsgericht im Fall Majas tat, sondern Aufgrund der Tatsache, dass ausgelieferten Antifaschist*innen, im besonderen marginalisierten, Menschenrechtsverletzungen in ungarischer Haft erleben. Natürlich bleibt klar, sowohl in Frankreich als auch Deutschland herrscht Klassenjustiz und ein beschissenes Knastsystem. Dabei muss man sich nur Hannas Urteil im September oder den Fall der drei von der Autobahn, indem drei Nürnberger Genossen auf dem Weg in den Urlaub in französischer Abschiebehaft landeten, ins Gedächtnis rufen.
Und trotzdem bleibt Hoffnung: Zaids Auslieferungsverfahren in Paris läuft jetzt an und alles andere als eine Verweigerung der Auslieferung wäre eine Farce. Und doch wollen wir uns nicht in delusionärem Staatsvertrauen wiegen: es braucht weiterhin unseren Druck auf die deutschen Behörden, die unserern Freund und Genossen erst in diese Situation gebracht haben und insbesondere auf die französischen Behörden, die jetzt über sein Schicksal entscheiden. Wir rufen daher zu vermehrten zivilen Solidaritätsaktionen im Rahmen Zaids zweiten Gerichtstermins am 12.11.2025 und auch darüber hinaus auf! Kundgebungen an französischen Botschaften, Unterstützung der überregionalen Solistrukturen, Öffentlichkeitsarbeit und alles, was man tun kann, um auf den Fall aufmerksam zu machen.
Wir sind nicht überrascht. Und trotzdem ist es eine Katastrophe, dass ein Staat wie Deutschland, der sich stets als demokratischen Vorzeigestaat inszentiert und als “Rechtsstaat” schimpft, einen jungen Mann am Anfang seines Lebens dazu zwingt, diesen Schritt zu gehen, seinen gesamten Lebensmittelpunkt in ein völlig fremdes Land, dessen Sprache er nicht spricht, zu verschieben und somit auch jegliches soziales Netz zu verlieren.
Wir fordern: keine Auslieferung Ungarn, keine Abschiebung nach Syrien, Majas sofortige Rückführung nach Deutschland und Freiheit für alle Antifas!
organisierte autonomie (OA) Nürnberg










