»Knastrebell« will nach Deutschland zurück

Andreas Krebs hat nicht mehr lange zu leben und möchte aus Neapel in BRD-Gefängnis verlegt werden

Er hat 20 Jahre in Haft verbracht, hat sich im Gefängnis politisiert. Derzeit ist Andreas Krebs in Italien inhaftiert und unheilbar erkrankt. Unterstützer setzen sich für seine Überstellung in eine deutsche JVA ein.

Peter Nowak

Andreas Krebs hat nicht mehr lange zu leben. Die behandelnden Ärzte im Hochsicherheitsgefängnis Secondigliano bei Neapel haben ihm mitgeteilt, dass er sich in der letzten Phase einer Nierenkrebserkrankung befinde. Bereits Mitte Dezember 2021 hat der deutsche Staatsbürger einen Antrag auf Überstellung in ein Gefängnis der Bundesrepublik gestellt. Dann hätte er in den letzten Wochen seines Lebens Kontakt zu seiner Frau und seinen Unterstützer*innen.

Für Krebs setzt sich unter anderem das Autonome Knastprojekt NRW ein. Dass er über ein solidarisches Netzwerk verfügt, hat mit seiner Biografie zu tun. 20 Jahre seines Lebens hat er im Gefängnis verbracht, 17 davon in deutschen Justizvollzugsanstalten. Vor allem Eigentumsdelikte haben ihn immer wieder hinter Gitter gebracht.

Aktive vom Autonomen Knastprojekt erklärten gegenüber »nd«, man setze sich für die Belange von Krebs ein, weil er im Gefängnis »systemkritisch geworden« sei, obwohl dies bei ihm nicht absehbar war. An seinem Leben zeige sich zudem, »wie zerstörerisch Klassenjustiz, der Wegsperrknast und Überwachungsinstanzen sind«. Man meide zudem den »Stempel politische Gefangene«, da er zu sehr auf politisch motivierte Delikte eingeengt sei. »Er hat sich auch im Gefängnis nicht am System ›nach unten treten und nach oben buckeln‹ beteiligt«, sagt eine Unterstützerin. Immer wieder habe Krebs sich für Mitgefangene eingesetzt, wenn sie diskriminiert wurden. Er gehörte zu den ersten Mitgliedern der 2014 gegründeten Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisation (GG/BO). Ihre zentralen Forderungen lauten: Durchsetzung von Gewerkschaftsfreiheit, Mindestlohn und voller Sozialversicherung auch für Lohnabhängige hinter Gittern.

Zudem beteiligte sich Krebs immer wieder an Solidaritätshungerstreiks, unter anderem 2014 zur Unterstützung des Widerstands von Gefangenen in Griechenland gegen die Einführung von Isolationstrakten. Weil Krebs für dieses politische Engagement auch persönliche Sanktionen und Repressalien in Kauf nahm, bekam er bald den Beinamen »Knastrebell«.

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis 2014 lebte Krebs in verschiedenen linken Hausprojekten und engagierte sich weiter in der Soligruppe der GG/BO, die er auch auf öffentlichen Veranstaltungen vorstellte. Dort fiel Unterstützer*innen seine angegriffene Gesundheit auf.

2016 wollte Krebs mit seiner Frau in Italien einen Neuanfang versuchen, der allerdings schon wenige Monate später tragisch endete. Bei einem Streit mit seinem Arbeitgeber, einem Tankstellenbesitzer, stach Krebs mit einem Messer zu. Zwei Tage später starb der Mann im Krankenhaus. Krebs gibt an, er habe in Notwehr gehandelt, weil der Mann ihn gewürgt habe. Obwohl eine Videoaufnahme seine Aussage bestätigte, wurde Krebs wegen Totschlags zu einer Gefängnisstrafe von 24 Jahren verurteilt.

»Der Taifun – Erinnerungen eines Rebellen« lautet der Titel eines autobiografischen Buches, das Krebs 2020 veröffentlicht hat und das von seiner Soligruppe vertrieben wird. Der Erlös soll einen Teil seiner Behandlungskosten decken. Schon zuvor hatte er immer wieder kritische Texte über das Justiz- und Gefängnissystem veröffentlicht. »Der Knast ist das wichtigste Disziplinierungsmittel eines jeden auf Knechtung und Ausbeutung beruhenden Systems zur Aufrechterhaltung einer willkürlichen Ordnung«, hat er einmal geschrieben.

Seine Unterstützer*innen haben einen Soliblog eingerichtet. Sie wollen den Druck erhöhen, dass die deutschen Behörden seinen Antrag auf Überstellung in die Bundesrepublik bewilligen.

Mehr Informationen: andreaskrebs.blackblogs.org