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Renitenz der JVA Freiburg!?

In der Literatur ist das Phänomen der „Renitenz der Gefängnisbehörden“ nicht unbekannt. Anhand von sechs Verfahren möchte ich dies exemplarisch darstellen.

Stromkosten

Sicherungsverwahrte und Strafgefangene sind an den Kosten für von ihnen betriebenen Elektrogeräten insofern zu beteiligen, als dass anteilig Stromkosten erhoben werden dürfen. Nachdem ich mich schon 2013, wie auch in den Folgejahren gerichtlich gegen die aus meiner Sicht zu hohen Stromrechnungen der JVA Freiburg wehrte, hat nun mit Beschluss vom 10. Mai 2016 (13 StVK 145/15, u.a.) das Landgericht Freiburg, mal wieder entsprechende Rechnungen der Haftanstalt aufgehoben. Ob Stromkosten, oder auch die „Kabelgebühren“ für den TV-Anschluss – alles rechtsfehlerhaft berechnet.

Alkoholfreies Bier

Wer trinkt nicht gerne einmal einen Schluck Alkohol?! Da in Vollzugsanstalten striktes Alkoholverbot gilt, hatte ich 2014 die Genehmigung alkoholfreien Bieres beantragt, was die Anstaltsleitung ablehnte, obwohl in anderen Anstalten, bspw. in der JVA Rosdorf, solche Sorten problemlos erwerbbar sind. Die Anstalt sieht die Resozialisierungsbemühungen in Gefahr, sollten solche Getränke zugelassen werden. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg (12 StVK 501/14) bezeichnet mit Beschluss vom 4.5.2016 diese Verfügung als „rechtswidrig“, und sachlich nicht nachvollziehbar. Diese, wie alle anderen Entscheidungen sind als PDF-Datei dem Beitrag angeschlossen.

Absendung von Briefen nur mit Absender

Für gewöhnlich schreibe ich außen auf ein Briefkuvert keinen Absender, manchen EmpfängerInnen ist es zudem unangenehm Post mit einer JVA-Adresse zu erhalten. Am 02.03.2016 verfügte Sozialoberinspektor Thomas G., ich müsse zwingend die korrekten Absenderangaben auf Kuverts schreiben und gab mir drei Briefe zurück. Er weigere sich, diese zu befördern.
Mit Beschluss vom 06.Mai 2016 (13 StVK 91/16) bezeichnete das Landgericht Freiburg auch dies als rechtswidrig; in einem Zwischenverfahren um einstweiligen Rechtsschutz gegen diese Anordnung, war auch schon der Baden-Württembergische Verfassungsgerichtshof mit dem Fall befasst und hat sich die Akten vorlegen lassen.

Verweigerung und Behinderung von Besuchen

Ist schon die Behinderung von Briefwechseln eine schwere Belastung für Insassen, die situationsbedingt froh um jeden Außenkontakt sein müssen, zumal mit zunehmender Haftdauer (ich selbst sitze das 20. Jahr in Haft), so ist die Verweigerung oder Behinderung von Besuchen eine noch intensivere Belastung der wenigen Sozialkontakte, über die Häftlinge verfügen.

In Fall 1 hatte die JVA Freiburg sich geweigert, mir für den 15. Mai 2015 (meinem Geburtstag) einen Besuch zu gestatten, da aus organisatorischen Gründen, Besuche nicht möglich seien. Das LG billigte dies, mit Beschluss vom 27.07.2015 (2 Ws 247/15) hob jedoch das Oberlandesgericht Karlsruhe den landgerichtlichen Beschluss auf. Nachdem das Landgericht sich auch im zweiten Anlauf unbelehrbar zeigte, entschied auf weitere Rechtsbeschwerde das Oberlandesgericht (2 Ws 68/16) am 06.04.2016, dass die Verweigerung des Besuchstermins rechtswidrig gewesen sei.

Im Fall 2 ging die JVA noch dreister vor: eine Freundin klingelte gegen 12:44 Uhr an der Pforte der JVA – dort schickte der Wärter sie fort. Was war ihr Verbrechen? Der Wärter forderte, Frau G. hätte schon um 12:40 Uhr dort klingeln müssen, das habe der Herr Anstaltsleiter so verfügt. Jede Besuchsperson habe gefälligst mindestens 20 Minuten vor Besuchsbeginn dort zu schellen.

Hier kam das Landgericht Freiburg (13 StVK 42/15) ohne obergerichtliche Belehrung auf die Idee, dass solch ein zwanghaftes Vorgehen -Zitat- „rechtswidrig“ sei, und zwar mit Beschluss vom 25.02.2016.

Am 12.Mai 2016 sprach ich, da ich ihn zufällig traf, Amtsinspektor mit Stellenzulage S. auf den Beschluss an, er ist Chef der Besuchsabteilung, wie er denn die Entscheidung nun umsetze, zumal der Mitinsasse H., dem es ähnlich erging, auch vor Gericht obsiegte. Lächelnd wies er mich darauf hin, für ihn seien die Gerichtsentscheidungen unbeachtlich, er habe das umzusetzen was der Anstaltsleiter anordne. Und der beharre weiterhin auf dieser Regelung, ob sich unter dem nunmehr neu ins Amt gekommenen Anstaltsleiter, Herrn Völkel etwas ändere, das wisse er nicht. Für ihn selbst jedenfalls sei nur verbindlich, was der Herr Behördenleiter sage, nicht das was Gerichte entscheiden würden.

Petitesse und Posse

Wer möchte nicht einmal heißen Kaffee aus einer formschönen Edelstahl-Thermoskanne trinken? Oder sein Frühstück aus einer Edelstahl-Frühstücksbox entnehmen? Die taz (www.taz.de) bietet schöne Thermoskannen und Brotboxen an – nur leider verbietet die JVA Freiburg den Kauf, und führte dann am 11.03.2016 gegenüber dem zwischenzeitlich eingeschalteten Landgericht aus, dass aus Sicherheitsgründen solche Utensilien ausnahmslos „aus Kunststoff bestehen“ müssten.

Wie sonderbar, verkauft doch der Gefängniskaufmann, die Firma Massak Logistik GmbH an die Insassen Thermoskannen aus Edelstahl. Ich also die Kammer zügig darüber informiert, dass aus meiner Sicht der JVA-Vertreter das Gericht objektiv unwahr beauskunftet habe, um einem ansonsten erfolgreichen Klagebegehren zu unterliegen.
Kleinlaut räumte besagter JVA-Vertreter dann mit Schriftsatz vom 03.05.2016 ein, dass man an der mit Schriftsatz vom 11.03.2016 getätigten Auffassung nicht mehr festhalte.

Allerdings muss ich nun noch die Entscheidung des Gerichts abwarten, bevor ich mir dann künftig heißen Kaffee werde aus einer roten Thermoskanne entnehmen und die Brotzeit in einer schmucken Box werde verstauen können.

Zusammenfassung

Fragt sich irgendwer, wieviel SteuerzahlerInnen-Gelder verschwendet werden, weil uneinsichtige JustizvollzugsanstaltsmitarbeiterInnen abwegige Rechtsauffassungen vertreten und aus Insassensicht ihr Lebensglück darin zu finden scheinen, berechtigte Ansprüche von Inhaftierten mit allen Mitteln abzuwehren und erst wenn sie von Gerichten faktisch gezwungen werden, ihr Verhalten zu ändern (und selbst dann nicht, wie die oben geschilderte Rechtsauffassung des Besuchs-Chefs der JVA Freiburg illustriert)?

Dass solch Beamte und Beamtinnen dann Gefängnisinsassen vermitteln sollen, es „lohne“ sich, wenn man Recht und Gesetz beachte, erscheint besonders pittoresk.

Seit 2013 habe ich dutzende Verfahren gegen die Anstalt gewonnen – und es liegen noch viele Jahre vor mir, es werden teure Jahre für den Steuerzahler, denn auf Seiten der Vollzugsanstalt ändert sich nichts.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV)

Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg freedomforthomas.wordpress.com