IVANA

»Ich möchte, dass Ivana unvergessen bleibt«

Freunde und Genossen wollen Andenken der in Rojava getöteten Internationalistin bewahren. Gespräch mit Michaela Hoffmann
Interview: Kevin Hoffmann, junge Welt 23.6.16

Michaela Hoffmann ist die Mutter von Ivana Hoffmann, die im März 2015 erst 19jährig bei einem Gefecht mit Kämpfern des »Islamischen Staates« im Norden Syriens ums Leben kam

Ihre Tochter Ivana Hoffmann hat als Internationalistin mit deutsch-afrikanischer Herkunft im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet im nordsyrischen Rojava gekämpft. Wie ist sie in Kontakt mit dem kurdischen Freiheitskampf gekommen?

Sie hatte viele kurdische, afrikanische, türkische Freunde. Schon immer hatte Ivana einen sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Irgendwann hat sie dann angefangen, an antifaschistischen Demonstrationen, Jugendcamps und politischen Veranstaltungen teilzunehmen. Dabei hat sie viel von der Unterdrückung verschiedener Völker mitbekommen, dann ist sie selber aktiv geworden. Besonders angetan war sie vom Kampf des kurdischen Volkes um Freiheit und vor allem von der Rolle der kurdischen Frauen in diesem Kampf. Sie hat auch selbst Vorträge über Frauenunterdrückung und über die kurdische Frauenguerilla gehalten. Ich habe gemerkt, dass es ihr ernst war mit der revolutionären Arbeit und ihrem Interesse an Kurdistan.

In ihrem letzten Brief, bevor sie nach Syrien ging, schrieb Ivana, dass sie »die Revolution in Rojava verteidigen« und »ein Teil von ihr werden« möchte. Was bedeutet Ihnen der Kampf Ivanas?

Ich habe damals ja gar nicht gewusst, dass sie nach Rojava gegangen ist. Nach ihrer Abreise und im Laufe des letzten Jahres habe ich einen ganz anderen Bezug zu dem Thema bekommen. Jetzt kann ich natürlich alles besser verstehen. Als ich vor über einem Jahr dort hingefahren bin, um Ivana nach Hause zu holen, ist mir bewusst geworden, wie wichtig es ist, als Internationalistin diesen Kampf des kurdischen Volkes zu unterstützen. Es waren sehr viele Leute dort anwesend, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Das hat mir in dem Moment viel Kraft gegeben. Ich hatte verschiedene Gefühle wie Wut, Trauer, aber auch Stolz. Von dem Tag bis zur Beerdigung und in der Zeit danach wurde mir immer bewusster, wie wichtig das ist, was Ivana getan hat. Ich versuche so gut ich kann, das weiterzumachen, was sie begonnen hat.

UZ-Pressefest
Zu Ivanas Beerdigung am 14. März 2015 in Duisburg sind Tausende Menschen gekommen. In Rojava, der Türkei und Europa hängt ihr Bild in vielen Straßen, an Häuserwänden und in den Räumen linker Vereine. Kann man sagen, dass Ivana zu einem Symbol geworden ist?

Gedenkdemonstration anlässlich der Beisetzung von Ivana am 14. März 2015 in ihrer Heimatstadt Duisburg

Neulich habe ich im Fernsehen in einer Dokumentation eine Straße in Kobani mit Ivanas Bild gesehen. Und dann gibt es den großen Park in der nordsyrischen Stadt Efrin, der nach ihr benannt wurde, die Gedenkstelle für sie in Köln und bestimmt noch viele weitere Orte, die ihren Namen tragen. Das macht mich sehr glücklich. Das sind alles Spuren, die sie hinterlassen hat.

Auch die Veranstaltungen in verschiedenen Ländern Europas, auf denen ihrer gedacht wird, bedeuten mir viel. Das sind alles Zeichen dafür, dass sie nicht vergessen wird. Ich wünsche mir sehr, dass ihr Andenken lebendig bleibt. Als ich in England auf einer Veranstaltung für Ivana war, hat mir einer der Teilnehmer gesagt, er sei von ihr so beeindruckt gewesen, dass er nach Kobani gegangen ist und dort geholfen hat, ein Krankenhaus aufzubauen. Es hat mich sehr beeindruckt, dass jemand, der sie gar nicht persönlich kannte, so von ihr inspiriert war. Das gibt mir Hoffnung, dass wir ihre Botschaft auch an die nächste Generation weitergeben können. Mein Traum ist es, in das assyrische Dorf Til Nasir bei der Stadt Til Temir zu fahren, das sie verteidigt hat. Ich hoffe, dass es dort Frieden geben wird und wir alle gemeinsam das umsetzen können, wofür Ivana sich eingesetzt hat.

Für den kommenden Samstag organisieren Sie gemeinsam mit dem »Freundeskreis Ivana Hoffmann« das zweite internationale »Ivana Hoffmann Festival«. Was wollen Sie damit erreichen?

Wir möchten, dass Ivana unvergessen bleibt. Dieses Festival wollen wir zu einem international bekannten machen. Wir werden es heute abend mit einer Podiumsdiskussion zur Kriminalisierung von Revolutionären beginnen. Am Samstag findet dann eine Gedenkdemonstration statt, und wir haben ein großes Programm mit internationalen Bands, Theater und Workshops rund um den Freiheitskampf in Rojava organisiert.