»Justizminister will neue McCarthy-Ära einläuten«
Kampagne gegen Repression in den USA. Konferenzen an diesem Wochenende in mehreren Städten. Ein Gespräch mit Tom Burke
Interview: Pit Beuttel, erschienen am 11.02.2011 in der Tageszeitung „junge Welt“Tom Burke ist einer der Sprecher des »Komitees für die Beendigung der FBI-Repression« und aktiv in der marxistischen »Freedom Road – Socialist Organization« (www.frso.org ) in den USA
Ende Januar versammelten sich in verschiedenen US-Städten Tausende Menschen, um gegen Repression zu demonstrieren. An diesem Wochenende beginnen regionale Konferenzen, um den Widerstand landesweit besser zu koordinieren. Was ist der Anlaß für die Proteste?
Unsere Kundgebungen fanden zeitgleich, am 25. Januar, in mehr als 50 Städten statt. Das »Komitee für die Beendigung der FBI-Repression« hat sie organisiert, um gegen die Vorladung von neun Kriegsgegnern, die in der Palästina-Solidarität aktiv sind, zu protestieren. Sie sollten an diesem Tag vor der »Grand Jury« aussagen.
Bereits im Oktober 2010 wurde ich mit 13 weiteren Aktivisten, von denen ein großer Teil auch in der Gewerkschaft aktiv ist, vor die Kammer zitiert. Zuvor hatte das FBI in diesem Zusammenhang zwei Häuser in Chicago und fünf in Minneapolis durchsucht. Überall wurden die Türen eingetreten, ein Haus wurde mit vorgehaltenen Waffen gestürmt, in einem anderen waren gleich 20 FBI-Mitarbeiter an der Razzia beteiligt. Es wurden etliche persönliche Gegenstände beschlagnahmt, darunter Computer, Handys, Reisepässe, politische Dokumente und Schreiben bis hin zu Kinderzeichnungen. Die Razzien wurden auf Anordnung des Büros von US-Justizminister Patrick Fitzgerald durchgeführt. Fitzgerald will offenbar eine neue McCarthy-Ära einläuten.
Was war die formelle Begründung für die Durchsuchungen?
Die Behörden haben die Maßnahmen mit einem Gesetz von 1996 begründet. Darin ist die »materielle Unterstützung von ausländischen terroristischen Organisationen« unter Strafe gestellt. In unserem Fall wurde behauptet, daß wir der »Volksfront für die Befreiung Palästinas« (PFLP) und den »Revolutionären Streitkräften Kolumbiens – Volksarmee« (FARC-EP) materielle Hilfe zukommen ließen. Bei solchen Vorwürfen muß nach US-Recht eine Anklagekammer, deren Jurymitglieder durchweg von den Behörden bestimmt werden, eine Anklage beschließen oder ablehnen. Bei meiner Vorladung sollte ich alle meine Kontakte offenlegen. Ich entschied mich natürlich – wie auch alle anderen bisher –, der Einladung erst gar nicht zu folgen.
Richtet sich die Repression in erster Linie gegen die Antikriegsbewegung?
Die US-Regierung setzt zum einen die Friedensbewegung unter Druck, und sie kriminalisiert die internationalistische Solidaritätsarbeit. Vor allem die Solidarität mit Palästina und Kolumbien soll unterbunden werden. Die Repression gegen unsere Organisation, die »Freedom Road – Socialist Organization« (FRSO), richtet sich gegen unsere klare antiimperialistische Ausrichtung. Wir nennen den US-Imperialismus und seine Verbrechen beim Namen. Deshalb versucht die Regierung, uns mit ihren FBI-Razzien und Vorladungen kaputtzumachen.
Was plant das Solidaritätskomitee als nächstes?
Wir müssen gucken, wie es juristisch für die Betroffenen weiter geht. Unterdessen setzen wir unsere Arbeit natürlich fort. Letzte Woche haben wir einen Protestbrief an US-Justizminister Fitzgerald, US-Staatsanwalt Eric Holder und US-Präsident Barack Obama geschickt. Außerdem wird es am 12. und 19. Februar in Oakland, Chicago, New York und Chapel Hill in North Carolina regionale Konferenzen geben.
Was erhoffen Sie sich von diesen Treffen?
Wir haben organisationsübergreifend eingeladen: Mitglieder der Kommunistischen Partei, von Solidaritätsgruppen und Bürgerrechtsinitiativen. Auf den Konferenzen wird es die Möglichkeit geben, mit den Betroffenen zu reden. Ich selbst zum Beispiel werde in Oakland über unsere Situation sprechen. Es werden auch Anwälte anwesend sein, die die juristischen Möglichkeiten darstellen. Einbezogen werden zudem Erfahrungen mit politischer Repression aus der Vergangenheit.
Wir wollen unsere Solidaritätsarbeit bekannter machen und neue Mitstreiter gewinnen. In diesem Zusammenhang rufen wir auch unsere Freunde in Deutschland und Europa auf, Proteste gegen die Repressionswelle in den USA zu organisieren.