Selbstmord in der JVA Torgau, Torgau, 29.7.2012 Steve F. nahm sich am 21./22.7.2012 in seiner Zelle das Leben

Am Sonntagmorgen entdeckte ein Bediensteter der JVA Torgau den Gefangenen Steve F. , der sich offenbar das Leben nahm. Hausintern war seit diesem Sonntag bekannt, dass sich wieder ein Häftling für den Freitod entschieden hatte. Die Medien berichteten darüber, soweit ersichtlich, bisher aber noch nicht.

Zwischenzeitlich konnte ich mit mehreren Gefangenen sprechen, die mit Steve auf einer Station untergebracht waren, und ihn beim Aufschluss sahen und sprechen konnten.

Einer seiner Mithäftlinge berichtete, Steve F. noch aus einer früheren Haftstrafe zu kennen. Vor ca. 2 Jahren hätte er am gesellschaftlichen Leben in Haft teilgenommen, habe viel mit anderen zusammen den Tag verbracht. Er sei damals noch ein lebenslustiger Mensch gewesen.

Steve kam jedoch nach ca. 1 1/2 Jahren „Behandlung“ im Maßregelvollzug Dösen im März 2012 in die JVA Torgau zurück. Den MRV habe er aus eigenem Willen abgebrochen.

Übereinstimmend beschreiben Gefangene, die Steve noch von früher kennen, ihn nun als ein in sich gekehrter, gedanklich abwesender und psychisch
angeknacksten Menschen.

Einer, der einige Male mit Steve persönlich sprach, sagte, Steve habe ihm einen Tag vor seinem Tod noch geschuldeten Tabak zurückgegeben.
Er habe hin und wieder mit seiner Familie telefoniert, die in einem weitentfernten Bundesland leben, ihn aber niemals in Torgau besuchen kamen.
Er habe gänzlich keinen Besuch empfangen.
Steve sei ein ruhiger Menschen gewesen, der fast immer während des Aufschlusses in seiner Zelle war, und nicht mehr am gesellschaftlichen Leben in seinem Unterbringungsbereich teilnahm.

Den Maßregelvollzug im forensischen Krankenhaus in Leipzig-Dösen habe er abgebrochen, wie einer seiner wenigen Gesprächspartner beschrieb, weil es dort zu schwer und unerträglich für ihn geworden sei. Er habe es dort nicht mehr ausgehalten.
Was damit gemeint ist, verdeutlich vielleicht, was mir ein Freund schrieb, der eben dort in Dösen einsitzt und wegen Drogensucht behandelt wird gem.§ 64 StGB: Es gäbe dort den „Heißen Stuhl“, d.h. der zu behandelnde Gefangene setzt sich, umschlossen von seinen Mitpatienten auf einen Stuhl, und muß sich dort bis aufs Äußerste reizen lassen mit Beleidigungen und verbalen Verletzungen intimer Bereiche, auch aus der Vergangenheit. Die meisten Patienten sind dem nicht gewachsen, und kommen folglich nicht in die nächste Stufe. Diese erniedrigende Behandlung ist für den Maßregelvollzug offensichtlich etwas ganz Normales. Ich unterhielt mich mit verschiedenen Abbrechern und Gefangenen, die den MRV bis zum Ende durchstanden: Der heiße Stuhl wird überall angewandt.
Steve habe über den MRV kaum gesprochen. Auf Fragen seiner Mitgefangenen hebe er stets verschlossen reagiert. Sein damaliger Knast-Kumpel sagte, Steve kam mit einem psychischen Schaden zurück.
Außerdem wurde Steve kurz vor seinem Freitod bei einem Streit mit einem Beamten im Dienstzimmer beobachtet, wo er einforderte, endlich zahnärztlich behandelt zu werden. Dem zugrunde lagen zwei Anträge auf Vorführung zum Zahnarzt, die bis Donnerstag, also nur zwei od, drei Tage vor seinem Tod, noch nicht erfüllt wurden.
Die Gründe für seinen Tod sind mir nicht bekannt. Anhand der Schilderungen seiner Mitmenschen ist aber ein Bild von der Situation, kurz vor seinem Freitod möglich.

Tommy Tank, Am Fort Zinna 7 (JVA Torgau), 04860 Torgau