Todesfall in Freiburger SV: Steve ist tot!

Am 22.06.2023 tönte gegen 6:35 Uhr aus dem Funkgerät eines Beamten „Alarm auf Station 4! Alarm“ und die Beamten rannten los. Im weiteren Verlauf des Vormittags stellte sich heraus, ein Verwahrter war gestorben: Steve, Anfang 40. Ob es sich um einen Suizid handelt, ist noch offen.

JVA Bruchsal

Steve hatte ich noch in meiner Zeit (bis 2013) in Bruchsal kennengelernt, wir saßen fast täglich zusammen, tranken Kaffee, diskutierten die schwierige Lage, in der wir beide uns befanden. Er war dort ziemlich berüchtigt, da er seinem Unmut durchaus lautstark Ausdruck verschaffen konnte. Mir viel dann auf, wie kalt seine Augen wurden. Ich nannte sie seine „Krokodil Augen“.

Immer mal wieder war er in Drogengeschäfte und körperliche Auseinandersetzungen verstrickt, das war die eine Seite. Zugleich konnte er aber auch hilfsbereit und interessiert an anderen sein. Irgendwann etablierte sich über Monate eine Sonntags-Kaffeerunde: Während „Biene Maja“ im Fernseher lief, saßen wir zu dritt, Steve, Peter B. (der vor wenigen Jahren auch hier in der SV starb, an einer Überdosis Drogen) und ich bei Kaffee und Kuchen zusammen.

Als ich nach Freiburg in die SV verlegt wurden, schrieben wir uns sporadisch, verloren uns nie aus den Augen, auch nicht, als er zwischendurch auf den Hohenasperg (bei Stuttgart) in die gefängniseigene Sozialtherapie wechselte.

JVA Freiburg

Vor wenigen Jahren wurde Steve schließlich von Bruchsal nach Freiburg verlegt, er musste seine SV antreten. Er kam erst auf Station 1, nach Konflikten mit dem Psychologen wurde er auf die Station verlegt, auf der ich seit 2013 wohne. Dort geriet er mit der behandelnden Psychologin aneinander (ich hatte darüber vor längerem berichtet, nachdem sie ihm im Gespräch mit auf dem Weg gab, es bestünde immer die Möglichkeit, sich zu erhängen) und wurde auf Station 4 verlegt. Jetzt stand eine Verlegung auf die letzte noch verbliebene Station 3 bevor, denn es soll Insassen gegeben haben, sie sich in seiner Gegenwart verunsichert fühlten. Die letzten Monate waren für ihn gekennzeichnet von Frustration und warten. Eine typische Erfahrung für Insassen, nicht nur hier in der Freiburger SV, sondern bundesweit.

Reaktion der Insassen

Kaum sprach sich herum, dass es Steve war, der im Leichensack abgeholt wurde, schrie C. aus dem Fenster, es sei die Schuld der oben erwähnten Psychologin. Andere Insassen kamen auf den Hof und teilten ihre Erinnerungen an Steve, denn auch wenn er in der Tat ein wirklich spezieller Charakter war, so fanden ihn doch einige sympathisch. Er sagte Menschen seine Meinung direkt ins Gesicht. Wenn ich mit ihm zu tun hatte, war für mich oft eine latente Traurigkeit bei ihm zu spüren, überspielt von seinem lauten, oft fordernden Auftreten. Hochintelligent, ein guter Schachspieler, und viel zu Jung, um in Haft zu sterben.

Er hinterlässt unter anderem eine Tochter, zu der er erst vor nicht allzu langer Zeit wieder den Kontakt fand, und eine Adoptivmutter, und zudem eine Ehefrau.

Thomas Meyer- Falk, z. Zt. JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
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