Zwei weitere Demonstranten in Iran hingerichtet

In Iran sind zwei weitere Demonstranten im Zusammenhang mit dem landesweiten Volksaufstand hingerichtet worden. Nach offiziellen Angaben sind damit insgesamt vier Todesurteile vollstreckt.

In Iran sind zwei weitere Todesurteile im Zusammenhang mit dem landesweiten Volksaufstand vollstreckt worden. Die iranische Justizbehörde gab am Samstag bekannt, dass Mohammad Mehdi Karami und Seyed Mohammad Hosseini in den frühen Morgenstunden gehängt worden seien. Die beiden 22 und 39 Jahre alten Männer seien für schuldig befunden worden, Anfang November während der Proteste gegen die Regierung in Karadsch westlich von Teheran ein angeblich unbewaffnetes Mitglied der paramilitärischen Basidsch-Miliz getötet zu haben, hieß es auf der Justiz-Website Misan Online.

Die beiden Verurteilten hatten keinen Zugang zu ihren Anwälten, Menschenrechtsorganisationen sprechen von einem Schauprozess. Der kurdischen Menschenrechtsgruppe Hengaw zufolge stützte sich das Gericht in dem Verfahren auf unter Folter erzwungene Geständnisse. Verurteilt wurden Mohammad Mehdi Karami und Seyed Mohammad Hosseini wegen Mordes sowie der „Korruption auf Erden“, ein Gnadengesuch wurde am Dienstag vom obersten Gerichtshof abgelehnt. Wegen des Todes des Basidsch-Milizionärs wurden drei weitere Menschen zum Tode verurteilt. Elf Angeklagte erhielten Haftstrafen.

Der Anwalt von Seyed Mohammad Hosseini, der auf einer Geflügelfarm arbeitete und als Kampfsportlehrer sozial benachteiligte Kinder unterrichtete, erklärte bereits im Dezember, dass sein Mandant in Haft schwer gefoltert worden sei. Mohammad Mehdi Karami, der ursprünglich aus der ostkurdischen Stadt Bîcar stammte und mehrfach ausgezeichneter Karate-Champion war, soll nach Angaben der Aktivistengruppe 1005tasvir schon bei seiner Festnahme von Basidschis so brutal zugerichtet worden sein, dass sie ihn zunächst für tot hielten und liegen ließen. Die Miliz ist eine paramilitärische Freiwilligeneinheit und den berüchtigten Revolutionsgarden zugeteilt. Sie spielt bei dem brutalen Vorgehen gegen Demonstrierende eine wichtige Rolle.

Auch im Gefängnis in Karadsch soll Mohammad Mehdi Karami schwer misshandelt worden sein, auch Vergewaltigung wurde ihm wohl angedroht. Seit dem 4. Januar befand er sich laut Hengaw in einem Hungerstreik, um zu erwirken, dass ein Anwalt der Familie Zugang zu den Akten erhält. Angehörige warteten seit Tagen vor der Haftanstalt darauf, ihn sehen zu dürfen. Doch der Kurde wurde gehängt, ohne dass die Familie ihn hatte besuchen dürfen.

Zahl der bekannten Hinrichtungen verdoppelt sich damit auf vier

Im Zuge des Aufstands in Iran waren im Dezember bereits der Rap-Musiker Mohsen Shekari und Majidreza Rahnavard wegen angeblichen Mordes und versuchten Mordes an zwei Basidsch-Mitgliedern hingerichtet worden. Über die Zahl der zum Tode verurteilten Verhafteten gibt es widersprüchliche Informationen, da bei einigen das Todesurteil in Berufungsgerichten aufgehoben wurde. Die Rede ist teilweise von 20 Demonstrierenden, die auf der Todesliste der Justiz stehen sollen.

Bislang wohl 14 Todesurteile

Laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP, die sich auf offizielle Informationen stützt, haben iranische Gerichte im Zusammenhang mit den Demonstrationen bislang 14 Menschen zum Tode verurteilt. Sechs davon warten auf ein neues Verfahren, zwei andere können noch Berufung einlegen. Amnesty International zufolge droht mindestens 26 Angeklagten die Todesstrafe.

Mehr als 500 Tote

Der Volksaufstand in Iran hatte sich vor über dreieinhalb Monaten am gewaltsamen Tod von Jina „Mahsa“ Amini entzündet. Die 22-Jährige aus Rojhilat (Ostkurdistan) war im September von der iranischen Sittenpolizei in Teheran festgenommen und in Gewahrsam zu Tode misshandelt worden. Die erste Demonstration fand am Tag ihrer Beerdigung in der Stadt Seqiz (Saqqez) statt. Nach jüngsten Schätzungen der in den USA ansässigen Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) sind bei den bisherigen Protesten mehr als 500 Demonstrantinnen und Demonstranten von staatlichen Kräften getötet wurden, darunter 70 Minderjährige. Außerdem seien mehr als 19.000 Protestierende festgenommen worden. Die meisten von ihnen befinden sich in Haft.

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