Aus einem Brief von Nurhan Erdem vom 23.10.2011

Lieber …,
von der Entlassung Erol Günes habe ich erfahren. Ich glaube, er befand sich kurz in U-Haft. Es ist gut für ihn, dass nach seiner Freilassung das Kontaktverbot ( zu FreundInnen und GenossInnen) nicht mehr so streng durchgeführt wird.

Ich hörte gerade, dass im Osten der Türkei ein Erdeben der Stärke 7,0 stattgefunden hat. Laut Agenturen gab es 30 Tote und 200 Verletzte, was aber für mich nicht glaubwürdig ist. Ein Erdbeben von dieser Stärke bedeutet in der Türkei Tausende Tote. Ich bin sehr traurig.

Faruk schrieb mir von seiner lebenslänglichen Verurteilung. Als ich von seinem Urteil erfuhr, habe ich ihm sofort geschrieben. Ich hoffe, er hat meine Post erhalten. Die Verurteilung ist ungerecht und in mir kocht es.
Warum findet der Prozess gegen Sadi (Özpolat) und Ünal (Kayar Düzgün)  trotz Vorschrift nicht zweimal in der Woche statt? Wie wird das oder wurde das vom Senat begründet?  

Die Korrespondenz mit Cengiz zieht sich in die Länge und dauert Wochen.
Bei mir ist alles, wie ich es beschrieben habe. Viele Besuchsanträge wurden abgelehnt. Da der Klageweg  gegenüber deutschen Gerichten nichts gebracht hat, werden wir uns  an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden. Diese Prozedur wird lange dauern, konkrete Hafterleichterungen erwarte ich  für mich nicht mehr. Damit habe ich mich schon abgefunden, aber es geht jetzt darum, das  diese Ungerechtigkeiten angeprangert werden.

So mein Bruder für heute mache ich Schluss!
Herzliche Umarmung
***Nurhan Erdem***