Brief von Werner Braeuner vom 06. Juni 2011

326. Tag Arbeitsverweigerung – 29. Tag Hungerstreik

Lieber, 

mir geht es gut, und ich bestätige den Erhalt der Post.

Zusammen mit dieser Post geht morgen früh die von Dir mitgeschickte Postkarte der tschechischen KP raus, an die Redaktion der „jungen Welt“, um mich für den solidarischen Beitrag am 5. 6. auf Seite 5, „Anstaltsleitung kompromisslos“ bei den GenossInnen zu bedanken; ich habe mich sehr über die Unterstützung gefreut. Auch den Mitgefangenen macht ein solcher Beitrag viel Mut! Denn die Knastrepression hat sich plötzlich verschärft, wie Dir… sicherlich bereits berichtet hat: neue und üble Einschlusszeiten für „Nichtarbeiter“ (siehe dazu auch meinen Brief 3 an die Berliner Soligruppe, der ebenfalls morgen früh zusammen mit diesem Brief rausgeht)….

Gesundheitsbericht

Am Freitag, 3. 6., Blutdruck und Urinschnelltest unauffällig, Gewicht 69,7 kg (anfänglich 83 kg). Die Abnehmgeschwindigkeit ist in der vergangen Woche überraschend angestiegen auf 2,5 kg/Woche, Vorwoche sind es lediglich 2,1 kg gewesen, Dr. Windelboth war am Freitag nicht anwesend, der Sani kündigte an, den vergangenen Mittwoch ohne Angabe von Gründen ausgefallenen Bluttest am kommenden Mittwoch nachzuholen, meine psychische Verfassung ist weiterhin ungetrübt – Kampf gibt Flügel!

Sehr gut finde ich die Solikundgebung (in Berlin) vor der Arge in Neukölln, die von der „jungen Welt“ angekündigt worden ist. Bitte sende den GenossInnnen meine kämpferischen Grüße! Gegen Staat und Repression, gegen das Dressieren von Menschen zu Lohnarbeitsäffchen durch Schule und repressive Arbeits- und Sozialbehörden! Für eine gegen Lohnarbeit und Kapital kämpfende Arbeiterklasse! Hoch die internationale Solidarität! Für Revolution und Befreiung des Proletariats von Ausbeutung und Knechtschaft! Gegen die Kriege von NATO und US-Imperialismus! Es lebe das weltweite Proletariat! Solidarität mit Flüchtlingen, Papierlosen und MigrantInnen! Einheit der Klasse! Sieg der Klasse! Klassenkampf! 

Bei 68 kg liegt mein persönliche Erfahrungsgrenze. 68 kg waren Mitte der 90er mein Kampfgewicht, als ich im Hochsommer für Monate mit Zelt und Rad im Gebirge unterwegs war. Was darunter liegt, unter 68 kg, ist mir unbekanntes Terrain. Es kann sein, dass ich bald schon schwächele. Doch im Moment geht es mir überraschend gut. Ich hoffe, das bleibt lange noch so.

Es lebe der Kampf! 

Werner

P.S. Ich habe am 31.5. meinem Anwalt Kelloglu geschrieben, er möchte mich bei passender Gelegenheit besuchen, um eventuelle Optionen zu erörtern!

Doch so oder so kämpfe ich auf Leben und Tod.