„Das ist mein Land, du bist Gast hier“ – Innenministerin verteidigt Berliner Polizei

Am frühen Morgen des 9. Septembers 2022 suchten zwei Einsatzkräfte der Polizei für eine „Gefährderansprache“ eine 28-jährige Syrerin in ihrer Wohnung in Berlin-Lichtenberg auf. Gegen ihren 30-jährigen Mann bestand zudem ein Haftbefehl wegen „Erschleichens von Leistungen“. Er war dreimal ohne Fahrschein im öffentlichen Nahverkehr erwischt worden. Obgleich die Polizisten die beiden offen rassistisch beleidigt, nimmt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Polizei nun in Schutz.

Rassistischer Angriff
Ein Video, aufgenommen von Seiten der Familie, zeigt die zwei Beamten in der Wohnung der syrischen Familie wie sie den Mann gewaltsam auf den Boden drücken und fesseln. Kinder sind anwesend und schreien.

Als die Frau sagt, die Polizei solle damit aufhören und ihre Wohnung verlassen, antwortet einer der Polizisten: „Das ist mein Land und du bist hier Gast“. Die Frau scheint im weiteren Verlauf des insgesamt 15 minütigen Videos, aus dem nur Ausschnitte bekannt sind, ihrem Mann zu Hilfe zu kommen. An einer Stelle sagt einer der Polizisten zu ihr: „Halt die Fresse, fass mich nicht nochmal an. (…) Ich bringe dich ins Gefängnis.“

Rassismus im Staat: Fehlanzeige.
Von der Polizei Berlin heißt es nun, man stehe „gegen jegliche Form diskriminierenden und menschenverachtenden Verhaltens.“ Damit distanziert sich die Polizei vom vorliegenden Fall jedoch nur indirekt.

In der Polizeimeldung steht, die Polizisten hätten erst durch die „Beruhigung der Situation“ die „Gefährderansprache“ durchführen können. Zudem sei der bestehende Haftbefehl durch Zahlung eines offenen Geldbetrags in Höhe von 750 Euro damit „erledigt“ worden.

Dass es sich für Vertreter:innen des deutschen Staates in diesem Fall nicht um Rassismus handeln könnte, legen auch die Aussagen von Innenministerin Nancy Faeser bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Berlin nahe. „Das empfinde ich nicht als Rassismus“, so Faeser. Natürlich gebe es in Deutschland Rassismus, auch bei der Polizei. Man müsse generell aber auch Verständnis haben, wenn Polizistinnen und Polizisten „deutliche Worte wählten“, wenn sie also auch mal „durchgreifen“ müssten.

Die Innenpolitikerin der SPD hat die Polizei schon öfter in Schutz genommen. So schrieb sie zum Arbeiterkampftag am 1. Mai dieses Jahr auf Twitter, dass „unsere Polizistinnen und Polizisten (…) einen großartigen Job“ machten. Dabei werden jedes Jahr dutzende demonstrierende Arbeiter*innen von der Polizei angegriffen und verletzt.

Konsequenzen?
Gegen „den Kollegen“ werde nun strafrechtlich ermittelt, so die Berliner Polizei. Es ist zwar von „Konsequenzen“ die Rede, der „Kollege“ wurde jedoch lediglich „in den Innendienst versetzt“. Die Beamten selbst leiteten ihrerseits Ermittlungen gegen das Paar wegen „Widerstands, tätlichen Angriffs und versuchter Gefangenenbefreiung“ ein.

Im Video sind lediglich Polizeigewalt und der polizeiliche Rassismus zu beobachten. Das Ehepaar, dessen Rechte verletzt wurden, forderten eine juristische Strafe gegen den Polizisten sowie dessen Entlassung.

https://perspektive-online.net/2022/09/das-ist-mein-land-du-bist-gast-hier-innenministerin-verteidigt-berliner-polizei/