Am gestrigen Dienstag (Anm.: 05.11.2013) sind Arbeiter von Nestlé Kolumbien in den Hungerstreik getreten. Ein Hungerstreik ist keine gewöhnliche Protestform. Zu dieser Maßnahme greifen Menschen dann, wenn andere Formen des Protests keine Wirkung gezeigt haben.
So auch in Bugalagrande: Die Gewerkschaft Sinaltrainal fordert seit langem, dass der am 22. Juni 2012 unterzeichnete Gesamtarbeitsvertrag von Nestlé vollumfänglich umgesetzt wird. Dies ist jedoch nicht der Fall. Nestlé Kolumbien weigert sich seit mehreren Monaten, Gespräche mit Sinaltrainal zu führen, gleichzeitig hat sie den Druck auf die Gewerkschaft erhöht: Neu eingestellte ArbeiterInnen werden gedrängt, der unternehmernahen Konkurrenzgewerkschaft Sintraimagra beizutreten, die im vergangenen Jahr während eines Arbeitskonflikts gegründet wurde. Damit wird die Gewerkschaft Sinaltrainal gezielt geschwächt und das Recht auf Gewerkschaftsfreiheit verletzt. Gleichzeitig delegitimiert und diffamiert Nestlé Kolumbien die Gewerkschaft Sinaltrainal: Manuel Andrés K., Präsident von Nestlé Kolumbien, bezichtigte die Gewerkschaft in einem Kommuniqué am 31. Oktober, zu Gewalt und Sabotage aufzurufen.
Solche Bezichtigungen sind in Kolumbien äußerst gefährlich und machen die Gewerkschafter zu einer Zielscheibe für Paramilitärs. Gewerkschafter in Nestlé-Fabriken wurden in der Vergangenheit wiederholt mit dem Tod bedroht, dabei waren immer Gewerkschafter betroffen, welche in einen Arbeitskonflikt mit Nestlé involviert waren. Nestlé hat sich dazu nicht geäußert und unternimmt keine Anstrengungen, um die Sicherheit der Gewerkschafter zu garantieren. Dies wäre jedoch dringend nötig: 14 Nestlé-Arbeiter wurden in der Vergangenheit ermordet, weitere haben Attentate erlitten oder mussten aufgrund von Drohungen die Region verlassen. Wegen der Unterlassung von Schutzmaßnahmen im Fall des ehemaligen Nestlé-Arbeiters und Sinaltrainal-Gewerkschafters Luciano Romero ist gegen die Nestlé AG und führende Direktoren des Konzerns eine Klage in der Schweiz hängig. Luciano Romero wurde 2005 von Paramilitärs entführt, gefoltert und ermordet, Nestlé hatte Kenntnis von seiner Bedrohung, unternahm jedoch nichts zu seinem Schutz.
Sinaltrainal hat wiederholt kritisiert, dass die zunehmenden Importe von Milchpulver und anderen Rohstoffen Arbeitsplätze in Kolumbien ebenso wie die Existenz kleiner und mittlerer Produzenten gefährden. Ebenso hat die Gewerkschaft gegenüber Nestlé, und falls dies zu keinen Verbesserungen geführt hat, gegenüber der Öffentlichkeit Fälle publik gemacht, wo die Qualität der Nestlé-Produkte ungenügend war. In jüngster Zeit hat Sinaltrainal insbesondere auf Fälle der ungenügenden Pasteurisierung und Sterilisierung, rostenden Büchsen, schlechter Qualität der importierten Rohstoffe oder Metallteilen in Nahrungsmitteln hingewiesen. Dass nun der Präsident von Nestlé Kolumbien die Gewerkschaft bezichtigt, der Qualität der Produkte zu schaden, wirkt wie eine Ablenkung von diesen Fällen – jedoch ist diese Bezichtigung für die Gewerkschafter lebensbedrohlich.
Senden Sie jetzt eine Protestmail an den Nestlé CEO: www.multiwatch.ch/de/p97001572.html
Weitere Informationen: www.multiwatch.ch