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»Peilsender wurde am Auto eines Aktivisten gefunden«

Berliner Initiative will am Sonnabend öffentlich Peilsender versteigern und fürchtet zunehmende staatliche Repression. Ein Gespräch mit Clara Stein. Clara Stein ist Sprecherin des »Netzwerkes Freiheit für alle politischen Gefangenen«

Sie veranstalten am 25. August eine Party in Berlin, auf der ein Peilsender versteigert werden soll. Woher stammt das Ortungs- und Überwachungsgerät?

Es wurde im vergangenen Jahr an einem PKW eines unserer Aktivisten gefunden. Dort war er mit starken Mag­neten hinter der Stoßstange befestigt. Er besteht aus einem schwarzen Kästchen mit vielen Platinen im Inneren und einer Antenne, einem durch ein Kabel damit verbundenen GPS-Teilchen und einem leicht auswechselbaren, zylinderförmigen Akku. Wir gehen davon aus, daß er für längere Zeit an dem Auto befestigt war und dort auch bleiben sollte.

Bei vergleichbaren Versteigerungen war die Polizei stets bemüht, die Organisatoren dingfest zu machen. Fürchten Sie einen Großeinsatz der Beamten bei der Versteigerung?

Nachdem der Sender gefunden worden war, haben wir über einen Anwalt verschiedene Behörden, wie etwa das Bundes- und das Landeskriminalamt, angefragt, ob er von ihnen stamme. Es hatte aber niemand den Mut, sich dazu zu bekennen. Daher gehen wir davon aus, am Sonnabend ungestört feiern und über Repression und konkret Überwachung informieren zu können. Es wird auch eine Tombola mit interessanten Preisen geben. Alle, die am Samstag an der antifaschistischen Demonstration in Rostock teilnehmen wollen, laden wir herzlich ein, nach ihrer Rückkehr den Tag bei unserer Party ausklingen zu lassen.

Übrigens finden wir es natürlich schade, etwas so Spannendes wie einen Peilsender abzugeben. Wir hoffen daher sehr, daß derjenige, der ihn ersteigert, viel Freude an technischer Bastelei hat und neugierig ist, wie so ein Überwachungsgerät aufgebaut ist. Falls jemand bereits jetzt Interesse an Fotos der Wanze hat, kann er sich mit uns in Verbindung setzen.

Ihr Netzwerk hat verschiedene Kampagnen und Solidaritätsaktionen für inhaftierte Linke durchgeführt. Wie stellt sich Ihnen die Situation in bundesdeutschen Knästen dar?

Viele Gefangene – beispielsweise etwa 70 Prozent der Inhaftierten in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel – sitzen dort aufgrund sogenannter Kleinkriminalität, wie Ladendiebstahl oder Schwarzfahren, ein. Politisch motivierte Gefangene, die sich gegen die Zustände im Knast, wie Arbeiten für Billigstlöhne, schlechtes Essen oder Schikanen der Schließer wehren, bekommen oft Repression zu spüren. Sie werden bei allen sich bietenden Gelegenheiten schlechter behandelt. Unserer Meinung nach sind Gefangene Teil des Kampfes für eine menschliche Welt, und eine Bewegung kann nur stärker werden, wenn sie diese Leute einbezieht.

Der Ausbau der EU-Terrorgesetze nach dem 11. September 2001 führte – ergänzend zu dem seit den 70er Jahren bestehenden Paragraph 129a StGB (Bildung einer terroristischen Vereinigung) – zur Einführung des Paragraphen 129b, der eine noch umfangreichere Überwachung und Ausforschung kritischer Menschen ermöglicht – nun auch in europaweiter staatlicher Kooperation. So sitzen zur Zeit türkische Genossen in Folge dieses Gesinnungsparagraphen in Stuttgart-Stammheim ein. Wir gehen davon aus, daß die Versuche, diese Paragraphen anzuwenden, in Zukunft deutlich zunehmen werden.

Täuscht der Eindruck, daß die linke Szene sich nur noch selten um inhaftierte Genossinnen und Genossen schert und die Solidaritätsarbeit nur von einigen wenigen Aktivisten geschultert wird?

Wie haben schon den Eindruck, daß immer mehr Leute die Bedeutung von Antirepressionsarbeit erkennen. Nebenbei spricht auch der Berliner Verfassungsschutz in seinem letzten Bericht davon, daß sie innerhalb der linken Bewegung zugenommen hat. Er findet das offenbar ärgerlich. Allerdings wäre es schön, wenn mehr Linke auch zu den Prozessen erscheinen würden – etwa zu dem Prozeß gegen Gülaferit Ünsal, gegen den zur Zeit wegen des Paragraphen 129b vor dem Berliner Kammergericht verhandelt wird.

Samstag, 25. August 2012 im Clash, Berlin-Kreuzberg, Gneisenaustr.2a.20 Uhr, fünf Euro Eintritt