Das Gericht sprach immer wieder von der Menschlichkeit und dass die Gesundheit einen anderen Stellenwert habe und dass das Verfahren beschleunigt werden solle. Möchte das Gericht uns und die Öffentlichkeit mit diesen Äußerungen in die Irre führen?
Was will man mit ständig immer wieder aufgehobenen Gerichtsterminen oder nur 1 bis 2 Stunden dauernden Verhandlungen erreichen?
Lächelnd wird unser Leben und unsere Zeit durch andere Verfahren verbraucht.
Wir werden seit 19 Monaten gefangen gehalten. Diese Gefangenschaft ist von besonderer Art. Sie ist nicht nur ungerecht, sondern sie ist Folter und Isolationshaft.
Nicht nur unsere Situation, sondern auch was unsere geliebten Menschen draußen erleben müssen und deren Kampf für die Gerechtigkeit würde mehrere Bücher füllen.
Uns wurde nicht nur seit 19 Monaten unsere Freiheit geraubt, auch die Verhandlungstage sowohl für uns als auch für unsere Geliebten sind eine Quälerei.
Unsere Freunde und die Antifaschisten aus Österreich, Frankreich, Belgien, England und Berlin kommen trotz der Polizeieinschüchterung und Provokationen aus mehreren hunderte Kilometern Entfernung. Sie lassen ihre Kinder allein, gehen nicht in die Schule oder gehen nicht arbeiten. Sie kommen und lassen uns bei den Verhandlungen nicht allein, obwohl die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie eines Tages deswegen selbst auf der Anklagebank sitzen. Sie setzen ihre Solidarität fort.
Sie müssen nach 1 bis 2 Stunden Verhandlung zurückfahren, ohne eine kleine Entwicklung im Namen der Gerechtigkeit erfahren zu haben.
Sie kommen jede Woche unter Qual mit einer Erwartung. Sie kehren aber ohne ein Ergebnis zurück und warten auf den nächsten Verhandlungstag.
Sogar unsere elementaren demokratischen Grundrechte werden kriminalisiert. Sie beschränken sich nicht nur darauf. Unsere errungenen Rechte werden mit Füßen getreten.
Ich und wir alle zusammen werden Repressalien ausgesetzt.
Ein anderes Beispiel für diese Repressalien ist Eda Deniz Haydaroglu. Es wird gesagt, dass sie mit diesem Verfahren nichts zu tun hat. Sie hungert mit ihren drei Genossen für die Gerechtigkeit und gegen diese Repressalien. Sie versucht mit dem Hungerstreik diese Stille durchzubrechen. Sie hat mit diesem Verfahren etwas zu tun.
Diese Gemeinsamkeit ist nicht nur von politischer Natur, sie ist viel tiefgreifender.
Eda Deniz Haydaroglu ist meine Besucherin. Weil sie mit ihrem nach Hunger riechenden Atem versuchte zu reden, wurde vom Gericht gegen sie neben Besuchsverbot zusätzlich eine Geldstrafe verhängt.
Seit ca. 4 Monaten kann sie mich nicht besuchen. Zusätzlich zu der 19-monatigen Isolationsfolter werden auch noch die Personen, die ich liebe, daran gehindert mich zu besuchen.
In dem 2 bis 3 Schritte großen Besuchsraum finden meine Besuche unter der Überwachung mit drei, aber auch manchmal mit vier Beamten statt. Als ob die Trennscheibe nicht ausreicht, halten die Beamten während der ganzen Besuchszeit ein Blatt und einen Kugelschreiber in der Hand und schüchtern so meine Besucher ein.
Es ist nicht nur so, dass ich seit 19 Monaten meine geliebten Personen nicht umarmen kann, der eine Stunde dauernde Besuch wird zusätzlich in eine Art psychische Folter verwandelt.
Darüber hinaus werden noch Besuchsverbote verhängt.
Als ob die Quälerei, der wir ausgesetzt sind nicht ausreichen würde, werden auch unsere Familien und unsere Geliebten genauso dieser Qual ausgesetzt. Auf diese Weise wird die Quälerei, der wir ausgesetzt sind, vervielfacht.
Stellen Sie die Repressalien gegen uns und unsere Geliebten ein. Ich werde ein anderes Mal diese Repressalien in allen Details dem Gericht erzählen.
Ein Kind, das nicht mal 16 Jahre alt war, floh vor den Folterungen und den Repressalien des Faschismus, suchte bei dem deutschen Volk Schutz und machte vor den deutschen Behörden und Richtern Angaben. Jetzt möchte man sogar diese Angaben ausnutzen und daraus Kapital schlagen. Dies ist ein bemerkenswertes Beispiel für die Hilfslosigkeit und Willkür der Anklagebehörde.
Mit den aufgebauschten und inhaltsleeren Akten werden unsere grundlegenden Rechte mit Füßen getreten, versucht man Beweise zu konstruieren. Kinder, die sich vor Repressalien gerettet haben und beim deutschen Volk Schutz gesucht haben, werden in Zukunft von der deutschen Justiz keinen Schutz mehr erhalten.
Beschlüsse über die internationalen Abkommen, allgemeine Menschenrechte und die deutschen Gesetze werden in 2 Minuten getroffen.
Ein gefoltertes Mädchens, das den Tod gesehen hat und sich vor 25 Jahren vor dem Faschismus gerettet hatte, machte vor einem Richter darüber Aussagen. Es erhielt ein Aufenthaltsrecht. Heute nach 25 Jahren wird versucht im selben Land mit denselben Angaben
Eda Deniz Haydaroglu muss wieder ein Besuchsrecht bekommen.
Das Besuchsverbot muss endlich beendet werden.
Wer ist Eda D. Haydaroglu?
Sie ist meine Besucherin.
Sie ist meine liebe Freundin, meine Genossin.
Sie ist mehr als mein eigenes Leben.
Sie befindet sich an einem Punkt zwischen dem Leben und dem Tod. Sie ist Repressalien ausgesetzt. Ihr Leid ist mein Leid. Sie lassen uns Zeuge werden, wie der Körper unserer lieben Freundin von Tag zu Tag sich auflöst. Sie lassen mich und uns leiden.
Wer ist Eda Deniz Haydaroglu?
Wenn sie auch persönlich die Repressalien des Faschismus in der Türkei nicht erlebt hat.
Wenn sie auch persönlich Hunger und Armut nicht erlebt hat.
Sie wartet nicht darauf, bis sie drankommt. Sie setzt sich für ein menschenwürdiges Leben ein. Sie weiß, dass die Lebensbedingungen verbessert werden müssen.
Sie hat es selbst nicht erlebt, aber ihre Familie wurde Repressalien ausgesetzt. Sie ist eine Tochter aus Kahramanmaras. Maras wird aufgrund der dort stattfindenden Massaker als blutiges Maras bezeichnet. Zehntausende Menschen wurden unter den Trümmern begraben, nicht in erster Linie wegen des Erdbebens, sondern weil der Staat keine Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte. Wegen unkontrollierter Bauverträge, der falschen Bebauung und unsachgemäßer Bauarbeiten wurden Zehntausende Menschen unter den Trümmern vergraben. Solch eine Heimat ist die Stadt Maras.
Zehntausende von Menschen haben unter den Trümmern tagelang auf die Hilfe des Staates gewartet. Sie sind an Hunger, Durst und Kälte gestorben. Das ist die Stadt Maras.
Die Überlebenden konnten nicht mal ihre Toten sehen. Ihre Toten stillten den Hunger der wilden Tiere. Sie ist die Tochter eines solchen Maras.
Wenn sie auch selbst die Repressalien nicht erlebt hat, ist sie Zeugin dieser Repressalien an ihre Lieben und Verwandten und sie kämpft als Antifaschistin und Antiimperialistin gegen die Repression.
Beenden Sie die Repressalien gegen meine Lieben!
Ich möchte mein Recht auf Besuch von Eda Deniz Haydaroglu wieder zurückbekommen.
Ich möchte, dass das Gericht Eda Deniz Haydaroglu anhört.
Sie fordert für ihre geliebten Menschen Gerechtigkeit, eine menschliche und gerechte Verhandlung. Ich möchte, dass man ihrer Forderungen Achtung entgegenbringt.
Mein Mitangeklagter, mein lieber Ihsan Cibelik, ist krank, er muss unverzüglich ohne Zeit zu verlieren, freigelassen werden. Die Anklagebehörde kooperiert nicht nur mit dem türkischen Faschismus, ihre Haltung ist auch ein offener Beweis für die Feindseligkeit der Anklagebehörde gegen die Antifaschisten und Antiimperialisten.
Sie streckt gegen uns wie ein Tiger ihre Krallen aus. Während sie uns seit 19 Monaten gefangen hält, unser Recht auf Gesundheit „als Vertreter des Rechts“ mit Füßen tritt, verhält sich im Gegensatz dazu dieselbe Anklagebehörde gegenüber Neo-Nazis wie eine Hauskatze.
Es kann nicht mal von sogenannten „Vertretern des Rechts“ gesprochen werden. Bei Neo-Nazis werden meist nicht mal Ermittlungen eingeleitet. Eingeleitete Ermittlungen werden unter den Teppich gekehrt. Wenn die Flüchtigen festgenommen werden, werden sie vielfach freigelassen und der Prozess wird ohne Ihre Inhaftierung geführt. Ihnen wird das Recht auf Verteidigung uneingeschränkt eingeräumt. Wenn Strafen verhängt werden sollen, werden alle möglichen Begünstigungen angewendet und in der Regel wird eine niedrige Strafe gegen sie verhängt.
Die Nazis sind für den Tod von mehr als 52 Millionen Menschen verantwortlich, sie haben sie massakriert, eliminiert und vergast. Warum werden wir, die Antifaschisten, die gegen die Neo-Nazis kämpfen, noch gefährlicher als diese gesehen?
Täglich werden in Deutschland 3-4 rassistische Angriffe registriert. Fast jede Woche wird eine Moschee angegriffen.
Während die Neo-Nazis weiterhin brutal massakrieren, betrachtet die Anklagebehörde uns als gefährlich. Sind wir, die ihre Grundrechte in Anspruch nehmen, den Faschismus und den Imperialismus offenlegen und sich für eine Welt ohne Ausbeutung einsetzen, gefährlich?
Das Massaker in Hanau ist ein auffälliges Beispiel für den Umgang mit Verbrechen von Neo-Nazis. Man versucht zu vertuschen und die Verantwortlichen geheim zu halten. Während die Behörden und die Justiz sich vor allem mit uns beschäftigen und aufgebauschte Akten zusammenstellen, zeigen sie kein wirkliches Interesse für die faschistische Gruppe, die das Massaker von Hanau durchführte und sie signalisierten das sogar mit einem Schreiben an die Bundesanwaltschaft. Die Bundesanwaltschaft ist aber mit uns oder dem Besuch bei Erdogan, um mit ihm Kaffee zu trinken, beschäftigt.
Wenn die Bundesanwaltschaft etwas unternommen hätte, anstatt sich mit uns zu beschäftigen und ausgeblasene Akten zusammenzustellen, hätte sie gegen den Mörder ermittelt, wenn sie es ernst genommen hätte, hätte sie das Massaker von Hanau verhindern können.
Das Massaker von Hanau ist die Folge, harmlos ausgedruckt, einer Kette – angefangen mit der Bundesanwaltschaft – fahrlässigen Verhaltens.
Aber nein, ob in Deutschland Massaker stattfinden oder die Neo-Nazis Angriffe starten oder angreifen, Massaker planen und und und …
Wir, die Migranten werden für Gesundheitsprobleme, Bildungsprobleme, Inflation, steigende Armut, Wähler-Zulauf zur AFD und alle möglichen Probleme in Deutschland verantwortlich gemacht. Daraus müssten Konsequenzen gezogen werden.
Die bestechende Wahrheit ist, dass die Anklagebehörde ihre Feindschaft uns gegenüber mit Recht und Gesetz erklären kann. Sie kann auch das alles, was in Deutschland geschieht mit Recht und Gesetz erklären. Ich möchte aber hier, an dieser Stelle auf das Desinteresse und den Schutz der Bundesanwaltschaft gegenüber den Neo-Nazis hinweisen. Ich werde dies auch in Zukunft machen.
Die Anklagebehörde setzt ihre Hoffnung auf die Angaben eines Kindes. Sie führt die demokratischen Aktivitäten als Beweise ein.
Ihre Antwort auf den Antrag von meinem Mitangeklagten, dem kranken Cibelik, zeigt, wie sie sich über den seit 19 Monaten gefangen Gehaltenen lustig macht.
Beenden Sie die Repressalien, denen sie uns seit 19 Monaten aussetzen.
Das Leid, dem die Ehefrau und das Kind von Serkan Küpeli ausgesetzt sind, muss beendet werden. Die ganze Familie, das Baby, die Mutter und der Vater werden ununterbrochen seit 19 Monaten diesem Leid ausgesetzt.
Diese Repressalien müssen beendet werden.
Serkan Küpeli muss seiner Familie moralisch und finanziell beistehen können.
Er sollte unverzüglich freigelassen werden.
