Free Zaid! Free all Antifas! Keine Auslieferung nach Ungarn!

Seit dem 04.02 sitzt der Nürnberger Zaid in Auslieferungshaft in der JVA Köln. Zwei Jahre lang war der junge Antifaschist untergetaucht und stellte sich am 20.01.2025 im sogenannten Budapest Komplex den Behörden. Zwei Jahre lang hat er sich dem Szenario entzogen, das er und so viele andere befürchtet haben: eine Auslieferung in das rechtsautoritäre Ungarn. Wir sagen keine Auslieferung nach Ungarn! Free all Antifas!
organisierte autonomie (OA) Nürnberg, 23.02.25
Seit dem 04. Februar sitzt der 22-jährige Nürnberger Zaid in Auslieferungshaft in der JVA Köln. Zwei Jahre lang war der junge Antifaschist untergetaucht und stellte sich am 20.01.2025 ebenso wie sechs weitere im sogenannten Budapest Komplex Beschuldigte den Behörden. Zwei Jahre lang hat er sich dem Szenario entzogen, das er und so viele andere befürchtet haben: eine Auslieferung in das rechtsautoritäre Ungarn. Eine Auslieferung in ein Land, das selbst vom Europaparlament nur noch als „Wahlautokratie“ bezeichnet wird, weil rechtsstaatliche Prinzipien, Pressefreiheit und der Schutz von Minderheiten nicht mehr gewährleistet sind. Für Zaid also eine doppelt gefährliche Situation: gegen ihn besteht lediglich ein Haftbefehl aus Ungarn und nicht aus Deutschland. Zudem hat er als einzig hier lebender Beschuldigter keine deutsche Staatsbürgerschaft.

Deutschland wird schon nicht ausliefern?!
Lange wurde in Nürnberg und auch bundesweit gegen eine Auslieferung nach Ungarn mobil gemacht, weil unsere Freundin und Genossin Hanna ebenso wie alle anderen Beschuldigten von dieser Gefahr bedroht sind. Bereits damals beschwichtigten Lokalpolitiker:innen die Eltern und Freund:innen: Deutschland werde schon nicht nach Ungarn ausliefern. Doch genau das ist passiert! Maja – ebenfalls Beschuldigte – wurde in einem Justizkrimi nach Ungarn ausgeliefert. Das Landeskriminalamt Sachsen und die Generalstaatsanwaltschaft schufen Fakten und verschleppten Maja außer Landes, noch bevor das Bundesverfassungsgericht sein Eilurteil abgeben konnte. In seinem Urteil stellte das Gericht nun klar: Die verbalen Zusagen von Seiten Ungarns, man würde sich um den Schutz der nicht-binären Person kümmern, waren bei weitem nicht ausreichend. Zudem seien die Haftbedingungen in Ungarn nicht ausreichend geprüft worden. Die Auslieferung wäre im Eilverfahren abgelehnt worden! Doch aktuell hat Maja nichts von diesem verspäteten Urteil. Die Organe dieses Staates haben sich aus politischen Motiven nicht einmal an ihre eigenen Spielregeln gehalten!

Maja sitzt seit Juni 2024 in ungarischer Haft und die Bestandsaufnahme ist wie folgt:

  • Maja ist in absoluter Isolation!
  • Über etliche Monate hinweg war diese Isolationshaft auch 24 Stunden am Tag video-überwacht
  • Hygienische Zustände und Ernährung sind schlecht
  • Dem deutschen Konsulat ist eine Visite der Haftzelle verweigert worden
  • Majas Anwälte mussten ihren eigenen Gefängnisbesuch vor Prozessbeginn erst juristisch durchsetzen
  • Strafandrohung: 14 Jahre bei Geständnis (mit Verbüßung unter „besonders strengen Haftbedingungen“!), ansonsten bis zu 24 Jahren Haft.

All das, was Menschenrechtsaktivist:innen, das Europaparlament und das renommierte Helsinki-Komitee immer wieder anprangern, hat sich auch in diesem Fall bestätigt: Maja wurde von den Staatsmedien vorverurteilt, leidet unter grauenvollen Haftbedingungen und von einem rechtsstaatlichen Verfahren ist man ebenfalls meilenweit entfernt.

Insbesondere Zaid droht das gerade sehr akut!

Zaid hat in seinem jungen Leben schon viel erlebt. Die Flucht seiner Familie vor dem Bürgerkrieg in Syrien, den Aufbau eines neuen Lebens hier in Deutschland. Wer ihn kennt, kennt vor allem einen lustigen aufgeschlossenen jungen Menschen, der das Spielen im Orchester ebenso liebt wie Diskussionen, der immer hilfsbereit ist und Ungerechtigkeiten nicht ertragen kann. Zwei Jahre lang hat dieser junge Mensch aus Angst vor einer Auslieferung alles auf Null gesetzt und hat sich den Behörden entzogen. Er war untergetaucht. Das bedeutet: Kein Kontakt zu den Menschen, die man liebt, kein Job, kein Geld, keine Krankenversicherung und die ständige Sorge, erwischt zu werden. Er stellte sich letztlich aus eigenen Stücken. Er begab sich in die Hände eines Staates, von dem er weiß, dass er nicht viel zu erwarten hat. Die bürgerlichen Parteien liefern sich aktuell einen Überbietungswettbewerb an Menschenverachtung, Rassismus und rückwärtsgewandtem Denken. Ein syrischer Antifaschist, dem vorgeworfen wird, Nazis in Ungarn verprügelt zu haben, hat da erst einmal nicht gerade die besten Karten auf der Hand.

Im Verfahren gegen die Nürnberger Antifaschistin Hanna, die im selben Tatkomplex angeklagt ist, haben die Repressionsbehörden keinen Hehl daraus gemacht, dass es sich um ein politisches Verfahren handelt. Es geht um weit mehr als um das Verprügeln von ein paar Nazis in Ungarn. Sie sehen durch die vermeintlichen Taten in Ungarn das Ansehens Deutschlands in Gefahr! Das Problem für die deutsche Justiz im Jahr 2025 sind nicht Faschist:innen, die nach Ungarn reisen, um den faschistischen Schlächtern zu huldigen. Nein, das Ansehen Deutschlands wird in ihren Augen durch die Menschen geschädigt, die sich diesem Wahnsinn entgegen stellen. Was sagt das über den Stand des Rechtsrucks in Deutschland aus, wenn Menschen, die sich NS-Fans entgegenstellen als Nestbeschmutzer hingestellt werden?

Doch auch für die vielen, die sich an die Seite Zaids oder anderer betroffener Antifas stellen, geht es um weit mehr als um die individuell Betroffenen. Es geht darum, wohin diese Gesellschaft sich bewegt, wo man die wahre Gegnerschaft einer besseren Zukunft verortet und nicht zuletzt darum, wem man im Kampf gegen rechts sein Vertrauen schenkt. Spätestens nach der Auslieferung von Maja sollte klar sein: Auf den Staat und seine Justiz können wir uns nicht verlassen. Wir müssen selbst Druck von unten machen, wir müssen eine Auslieferung nach Ungarn verhindern. Natürlich gilt unsere ungebrochene Solidarität allen von Repression betroffenen oder bedrohten Antifaschist:innen. Und dabei kann jeder und jede helfen: Schreibt Zaid und seid ihm so eine Stütze. Kommt auf Kundgebungen! Redet im Bekanntenkreis und auf der Arbeit über diese haarsträubende Repression. Werdet aktiv! Spendet an den Solikreis.


Jedes Jahr begehen Nazis aus ganz Europa und darüber hinaus im ungarischen Budapest den sogenannten „Tag der Ehre“. Rund um den 11. Februar wird die Stadt zum Schauplatz eines nahezu beispiellosen Nazi-Spektakels. Organisiert wird dies aktuell von der paramilitärischen Truppe „Légió Hungária“ und dem ungarischen Ableger vom in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerk Blood&Honour. Die angereisten Nazis huldigen jenen 70.000 Faschisten (Waffen-SS, Wehrmacht und ungarische Kollaborateure), die 1945 kurz vor Kriegsende einen Ausbruch aus dem Kessel der Roten Armee versuchten. Jährlich pilgern Nazis dort hin, wandern den Weg ihrer geistigen Ahnen nach, veranstalten Nazi-Konzerte und vernetzen sich. Teile dieses NS-Events werden vom ungarischen Staat finanziell gefördert. In den letzten Jahren kommt es auch verstärkt zu Protest gegen diesen Wahnsinn. Antifaschist:innen, die im rechtsautoritären Umgang so oder so keinen leichten Stand haben, stellen sich dem Treiben mutig entgegen und erfahren dabei Unterstützung von Menschen aus anderen europäischen Staaten. Im Jahr 2023 kam es am Rande der Gegenaktivitäten zu körperlichen Auseinandersetzungen und ein paar Nazis wurden dabei verprügelt. Seitdem läuft grenzübergreifend eine Hetzjagd – teils inklusive Öffentlichkeitsfahndungen – gegen rund ein Dutzend junger Menschen. Den Inhaftierten und Untergetauchten droht allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz weiterhin eine Auslieferung nach Ungarn, da Deutschland nicht willens ist, eine politische Entscheidung gegen eine Auslieferung in ein Land zu treffen, gegen das vom Europaparlament Sanktionen verhängt wurden, weil es die Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit, Schutz von Minderheiten etc. nicht mehr gewahrt sieht und seinen eigenen Mitgliedsstaat als Wahlautokratie bezeichnet.