BRD: Palästina-Demos in zahlreichen Städten. Verbote in München und Berlin
Am Sonnabend fanden in einigen deutschen Städten Proteste in Solidarität mit den Palästinensern statt, in anderen wurden sie kurzfristig untersagt.
In Frankfurt am Main wurde am Sonnabend ein Protestmarsch für »Ein freies Palästina« zunächst genehmigt, dann jedoch von der Stadt verboten. Das Verwaltungsgericht hob das Verbot wiederum auf, weil man ein Versammlungsverbot als »nicht gestützt« sehe. Als einige Teilnehmer sich zehn Minuten vor Beginn der Kundgebung bereits am Startpunkt versammelt hatten, wurde die Kundgebung mit einem Großaufgebot der Polizei aufgelöst, da sie inzwischen vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof in zweiter Instanz untersagt worden war, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete. Laut Augenzeugen kamen trotzdem 1.000 Menschen, knapp 100 wurden festgenommen.
In Köln wiederum erlaubte das Verwaltungsgericht nach einem Eilantrag einen geplanten Protest, nachdem dieser zuvor von der Polizei verboten worden war. Im München protestierten trotz Verbot knapp 300 Menschen. In Düsseldorf waren laut Medienberichten über 1.000 Teilnehmer bei einer propalästinensischen Demonstration, die uneingeschränkt stattfinden durfte. Proteste gab es auch in Braunschweig, Duisburg und Aachen. Es fanden zudem Veranstaltungen in »Solidarität mit Israel« in mehreren Städten statt.
Kontinuität besteht in der Hauptstadt: Kundgebungen mit Palästina-Bezug werden seit Beginn des Krieges konsequent verhindert. So auch die für Sonnabend angesetzte Veranstaltung »Jüdische Berliner*innen gegen Gewalt in Nahost – Gegen den Mord an unseren Mitmenschen in Gaza. Jüdische und palästinensische Menschen haben das gleiche Recht, zu leben«. Die Begründung: Es bestehe die »unmittelbare Gefahr« dass es zu »volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichungen und Gewalttätigkeiten« kommen könnte.
Institut für Theologie und Politik
Am Sonntag sollte um 16.30 Uhr am Potsdamer Platz eine »Mahnwache für die zivilen Opfer der Menschen in Nahost« stattfinden, allerdings mit den polizeilichen Auflagen, keine Flaggen oder Symbole mit Bezug zu Palästina zu tragen. Die Veranstaltung wurde laut Augenzeugen vier Minuten vor Start verboten.
Indes herrscht auf dem Hermannplatz und der Sonnenallee in Berlin-Neukölln seit einer Woche der Ausnahmezustand. Einsatzfahrzeuge der Polizei sind dauerhaft dort stationiert. Beamte nehmen wahllos Menschen fest, die mit »Kufiya« (Palästinensertüchern) im Café oder im Restaurant sitzen. Einzelne Aktivisten mit Flagge oder Schild werden festgenommen und angezeigt, obwohl sie kein Teil einer Versammlung sind.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil verkündete am Sonntag, man wolle »Hamas-Unterstützer« schneller ausweisen. Zudem sollten Einbürgerungen von Menschen verweigert werden, die »Antisemitismus und Terror unterstützen«, sagte er Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich gegenüber »Bild am Sonntag« entsprechend.
Am Wochenende versammelten sich zahlreiche Palästinenser in den besetzten Gebieten vor der Repräsentanz Deutschlands in Ramallah, um gegen die Unterdrückung der Proteste in der BRD zu demonstrieren.
Von Jamal Iqrith, junge Welt 16.10.23